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Strellson – lieber sein als wirken

Marke: Strellson Markenmacher: Marco Tomasi und Thomas Jaeger

Marke: Strellson

Markenmacher: Marco Tomasi und Thomas Jaeger

Zusammen mit Joop und Windsor zählt Strellson zu den drei Marken der inhabergeführten Holy Fashion Group in Kreuzlingen. Die drei Marken werden voneinander unabhängig geführt, jede mit ihrer ganz eigenen, klar abgegrenzten Strategie und Ausrichtung. Auch interne Wechsel sind selten.

Sie sind das einzige, was im ansonsten sehr geradlinigen, aufgeräumten Showroom, etwas anders daherkommt.

Gut gelaunt und beschwingten Schrittes betreten die beiden gut gekleideten Männer den hohen Raum.

Marco Tomasi trägt einen hauseigenen Zweiteiler aus schwarzem Tricotine, Thomas Jaeger guckt gespielt prüfend an seinem Anzug mit dezentem grau-schwarzen Karomuster herunter und streicht sich den weissen Bart glatt: «Ich trage einen leichten Flanell Strellson Anzug aus Schurwolle.» Marco Tomasi kam als «kompletter Quereinsteiger zu Strellson», wie er gleich zu erzählen beginnt. Quer bezieht sich in seinem Fall jedoch nicht auf die Branchen, sondern viel eher auf die verschiedenen Positionen, die er im Textilbereich durchlief, bevor er seine Laufbahn bei Strellson bis hin zu seiner heutigen Funktion als Creative Director antrat. «Da war alles dabei, vom Einkauf bis zum Vertrieb sowie auf der Industrieseite», erzählt der gebürtige Italiener.

Vor 15 Jahren zog es ihn dann zu Strellson. Die Leidenschaft fürs Nähen und Entwerfen entwickelte er aber schon als junger Teenager, inspiriert von seiner Mutter, die als Näherin tätig war. Er lacht: «Die Begeisterung für Textil rührt aber auch daher, dass ich als Jugendlicher einfach ein Sprenzel war.»

Wenn ich wollte, dass mir was sitzt, musste ich es entweder anpassen oder von vorneweg selbst machen.

Thomas Jaeger war ähnlich facettenreich unterwegs. Der gelernte Einzelhandelskaufmann und Nagold-Absolvent erhielt während eines Praktikums erstmals Einblick in die Bereiche der Produktion, Weberei, Stickerei und Färberei. Er schnupperte ein halbes Jahr Berufsluft in New York und wurde dann in den Herrenbereich abgeworben: «Eine Zeitlang Klinken putzen, zu den Kunden, Vertrieb, all das eben. Das hat mir aber sehr viel gebracht», meint er für einmal ohne zu schmunzeln. Danach kam er zu Strellson; zunächst als Vertriebsgebietsverkaufsleiter in Düsseldorf. Das war vor rund 20 Jahren und er selbst 29. Damals existierte die Marke Strellson noch gar nicht.

Heute ist Jaeger als Brand Managing Director einer ihrer wichtigsten Treiber.

In der strategischen Ausrichtung arbeiten er und Tomasi eng zusammen. Tomasi meint: «Wir haben die Marke über die Jahre sukzessive auf- und ausgebaut.» Und Jager meint nicht ohne Stolz: «Was Look und Auftritt anbelangt, da können wir schon sagen, dass wir da einen guten Job gemacht haben. Wir verfolgten stets das Motto: Wir sind in der Verantwortung, aber über allem muss die Marke stehen.»

Man ist erst dann erfolgreich, wenn man sich nicht mehr selbst in den Vordergrund stellen will.

Das kratzende Herzstück

Strellsons Durchbruch war ihre berühmte Jacke, gefertigt aus einer Schweizer Militärdecke mit integriertem Taschenmesser.

«The Piece», wie sie Jaeger mit einem Anflug von Nostalgie nennt. «Die Jacke hat wegen des Materials der Decke gekratzt und gestunken.Und doch wollte sie irgendwann plötzlich jeder haben, das war damals ein richtiger Hype.»

Tomasi korrigiert: «Also zuerst wollte sie niemand. Und dann plötzlich wollten sie alle, und das ausgerechnet 2003, in diesem heissen Sommer bei 40 Grad.» Initiiert wurde das Ganze mit einem kleinen Bericht im Handelsblatt. «Da klingelte plötzlich das Telefon», erinnert sich Jaeger. Es gab damals eine limitierte Auflage von 3'000 Stück. «Erst fragten wir uns, wie wir die alle loswerden sollten. Einer bestellte 10, einer 200 Stück, das war’s eigentlich», erzählt Tomasi angeregt. Und Jaeger fährt fort: «Wir schalteten eine Anzeige in der NZZ und innerhalb von ein paar Tagen waren plötzlich alle Jacken ausverkauft und wir mussten nachproduzieren. Eine Zeit lang gab es noch nicht mal mehr die Decken dafür. Das sind Dinge, die kann man nicht planen. Da haben wir einfach irgendwie den Nerv der Zeit getroffen.» Inzwischen ist die Passform der Jacke etwas angepasst, das integrierte Messer gehört immer noch dazu. «Eigentlich ist daraus der Ausbau entstanden», erzählt Jaeger. Das splittete Strellson quasi von alleine in einen Sportswear und einen Business Bereich mit eigenen Vertriebsstrategien.

Die Premium Line von Strellson fokussiert auf den Anzug, die Sportswear Linie stellt seither die Jacke ins Zentrum.

Wer lang bleibt, wird automatisch Teil der Marke

Vieles hat sich in ihren gemeinsamen Jahren bei Strellson verändert.

«Heute müssen wir beide mehr delegieren», erläutert Jaeger. «Aber weil wir wie bei einem Baby bei jedem Schritt der Marke dabei waren, freut man sich auch auf alle neuen Herausforderungen.» Was sich über alle Jahre immer gleich blieb, ist die Tatsache, dass alle Produkte in der Schweiz entworfen werden. «Das ist kein Slogan, sondern eine Haltung», sagt Jaeger und man merkt, er sagt dies bestimmt nicht zum ersten Mal. Und Tomasi meint: «Wir sind eine Marke, die sich international ausrichtet.

Clean. Straight. Urban. Aber immer mit dem Anspruch Designed in Switzerland.» Jaeger findet: «Der Endverbraucher soll das auch spüren, immer wieder und überall dieselbe Idee, bei den Retailern, in den Läden in verschiedenen Städten, im Internet. Es muss alles eine Markensprache sein.» «Ja», sagt Tomasi, «die Marke ist neben dem Produkt unser höchstes Gut. Der Rest ist dem untergeordnet. Die Qualität muss gewährleistet werden, das Wachstum ein gesundes bleiben.

Jede Marke braucht Zeit, wenn sie funktionieren soll.

«Anfangs waren wir ein ganz kleines Team», erinnert sich Tomasi. «Nur vier Leute im Design. Immer wieder sind neue dazugekommen, inzwischen sind wir 15. Und 90 Prozent der Leute sind immer noch hier.» Tomasi schätzt dieses «gesunde Wachstum», wie er es nennt: «Es gibt einem die Zeit, die Markenphilosophie zu verstehen, sie zu leben und anderen weiterzugeben.» Und Jaeger meint: «Das ist das Schöne bei uns. Wer lang bleibt, wird automatisch Teil des Brands und da entsprechend aufgebaut.

Deshalb versuchen wir auch lieber Leute zu behalten, auch wenn die Möglichkeit bestünde, intern zu einer der anderen Marken zu wechseln. Mit Leuten zusammenzuarbeiten, die Markenwerte gemeinsam leben, macht Freude.» Jaeger nimmt einen Schluck Wasser und schmunzelt verheissungsvoll. Bei all den Gedanken an früher, erinnert auch er sich an seine ersten Experimente mit Textil. «Zum ersten Mal geschneidert hab ich auch schon sehr jung», verrät er. «Ich hatte als Jugendlicher eine Nähmaschine, mit der ich mir mal eine Hose, mal ein Sakko selbst genäht habe. Die Maschine habe ich heute noch, benutze sie aber weniger.» Zu Tomasi sagt er: «Schade eigentlich, dass man damals noch nicht so viel fotografierte wie heute, sonst könnten wir uns jetzt unsere damaligen Werke anschauen.» Tomasi lacht und meint: «In dieser Hinsicht hat sich ohnehin einiges verändert.

Wir haben es heute mit einer sehr informierten Gesellschaft zu tun. Nicht nur das Fotografieren ist ein Bestandteil des Alltags, auch das Beschaffen von Informationen.» Das habe auch direkte Konsequenzen für Unternehmen: «Transparenz wird deshalb immer mehr zur Bedingung, ob man das nun will oder nicht. Und ich glaube auch, dass eine Generation heranwächst, die anders mit gewissen Dingen umgeht.»

Das Beschaffen von Informationen ist heute Bestandteil unseres Alltags. Für Unternehmen wird Transparenz deshalb immer mehr zur Bedingung.

«All das will auch bei der Entwicklung und Führung einer Marke berücksichtigt werden», sagt Jaeger. «Wir setzen uns deshalb immer stark damit auseinander, wo eine Gesellschaft hingeht, was die Trends sind, wo und wie sich diese Männer, die wir ansprechen wollen, überhaupt bewegen. Was passiert in ihrem städtischen Leben? Wo setzen wir die Schwerpunkte? Das geht viel weiter als Mode allein.» Und Tomasi ergänzt: «Nachhaltigkeit spielt derzeit zum Beispiel eine Rolle, die man nicht ausser Acht lassen darf.

Auch unsere Handelspartner haben ganz klare Anforderungen an unsere Produkte und möchten wissen, was woher kommt.» Und Jaeger meint: «Da muss man auf jeden Fall immer hinterher sein. Und immer unter der Berücksichtigung der DNA von Strellson beziehen wir alle Antworten und Ergebnisse unserer Arbeit dann in jede neue Kollektionen mit ein.» «Das ist wichtig», findet auch Tomasi. «Wir machen Research, schauen uns alles an und gehen mit offenen Augen durchs Leben. Wir beobachten Leute im Café, wir legen auch mal das Handy aus der Hand.

Selbst in Kreuzlingen kann man Inspiration finden, wenn man denn gut schaut», lacht er. «Genau», schliesst Jaeger ab, «so sehen wir, was es alles gibt, definieren dann den Rahmen für die Marke und verwerfen am Ende wieder alles, was nicht reinpasst. So bleiben wir der Marke treu und können auch weiterhin ihr Potenzial voll ausschöpfen.»

|2018|  Zwischenzeitlich (2016) verliess Thomas Jäger das Unternehmen. Marco Tomasi ist weiterhin Creative Director.

  • Bilder: Gian Marco Castelberg
  • Text: Olivia El Sayed
  • Übersetzung: Tessa Pfenninger
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