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Montblanc — Symbol des schönen Schreibens

Marke: Montblanc Markenmacher: Jérôme Lambert

Marke: Montblanc

Markenmacher: Jérôme Lambert

Seit über einem Jahrhundert stellt die Hamburger Firma Montblanc Füllfederhalter her.

Mehr als 100 Arbeitsschritte stecken in einem der berühmten Meisterstücke, allein 35 nur in der Feder. Diese hohe Maß an Handwerk und die strengen Qualitätskriterien machen Montblanc-Schreibgeräte zu Luxus-Objekten, die selbst im digitalen Zeitalter noch begehrenswert sind.

Die Lupe fest ans Auge gedrückt wendet Olga die fertige Goldfeder in ihrer Hand erst nach rechts, dann nach links und dann wieder in die Mitte. Plötzlich holt sie eine kleine Zange hervor und biegt sanft an der Feder herum. Nach drei Mal Biegen und Begutachten legt Olga ein letztes Mal Hand an. Diesmal direkt mit den Fingern. Die junge Frau nickt und legt schweigend die Feder in eine kleine vorbereitete Schachtel, in der 99 andere in Reih und Glied zur Kontrolle stehen.

Die Feder ist das Herzstück eines jeden Montblanc-Füllers. Formvollendet, weich in der Schriftführung und dennoch beständig.

Dank dieser Eigenschaften gelten die Produkte des norddeutschen Unternehmens als die besten überhaupt. Vor allem das Modell «Meisterstück», das 1924 auf den Markt kam, halten viele für das Nonplusultra eines Schreibgeräts. Der schwarze, leicht rundliche Füller mit der geprägten Goldfeder hat Fans auf der ganzen Welt. Jérôme Lambert, seit Sommer 2013 Vorstandsvorsitzender des Unternehmens, ist über den internationalen Bekanntheitsgrad der Marke selbst erstaunt: «Wo ich auf meinen Reisen auch hinkomme, alle kennen Montblanc. Das ist mir bei meinem früheren Arbeitgebern nie passiert.»

Lambert arbeitete vorher beim Luxusuhren-Hersteller Jaeger-LeCoultre, der wie Montblanc zum milliardenschweren Richemont Konzern gehört.

Der schwarzhaarige Franzose aus dem Jura gilt in der Branche als Uhrenspezialist und als ein Manager, der Traditionsunternehmen entstauben und Umsätze beflügeln kann. Natürlich soll er bei Montblanc vor allem das in der Schweiz befindliche Uhren-Geschäft ankurbeln, aber seinen Wohnort schlug der zweifache Vater ganz bewusst in Hamburg auf. Dort, wo Montblanc seinen Ursprung hat, noch immer der Hauptsitz des 1906 gegründeten Unternehmens beheimatet ist und wo sich das Kern-Business, die Schreibwaren-Produktion, befindet.

«Es waren die Amerikaner, die den Füller erfanden. Aber an ihrer Erfindung stimmte einfach gar nichts, die Füller waren unbenutzbar. Montblanc, damals noch Simplo GmbH, gelang es, sie alltagstauglich zu machen – ganz gemäss unseres Leitspruchs: Simple of Use, einfach im Gebrauch. Das war der Start. Heute, über 90 Jahre später, sind Füller zum Symbol des schönen Schreibens geworden.» Jérôme Lambert blickt mit Genugtuung und Stolz auf den Montblanc in seinen Händen und schraubt gedankenverloren am Deckel mit dem berühmten weissen Stern herum.

Warum die Hamburger Firmengründer, Alfred Nehemias und August Eberstein, für ihre Marke den Namen des höchsten Bergs Europas wählten, ist nicht überliefert. Anekdoten gibt es viele, fast immer ist von einem lustigen Kartenspiel die Rede. Einzig sicher ist: Das weiße, gewellte Stern-Emblem soll an die sechs schneebedeckten Gipfel des Mont Blanc erinnern. Die Nummer 4810, eine Reminiszenz an die Höhe des Berges, ist seit 1929 zusätzlich auf jeder Feder des Meisterstücks eingraviert.

18 Karat Gold und 35 Arbeitsschritte sind nötig, um eine Montblanc Feder zu fertigen.

Alles passiert in einem einzigen, lichtdurchfluteten Raum, der sich im ersten Stock der Zentrale im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld befindet. Ruhig ist es in der Fertigungsstätte und blitzsauber.

Der Boden ist mit Parkett belegt, denn auf Holz tritt sich der wertvolle Goldstaub fest, der beim Schleifen durch die Luft gewirbelt wird. Alle paar Jahre wird der Parkett abgeschliffen, um das runtergefallene Gold zurückzugewinnen. Der Rohstoff ist zusammen mit anderen Platinmetallen das einzige, was extern eingekauft wird. Alle im Raum verwendeten Maschinen sind hauseigene Spezialentwicklungen. Zur Fertigungstiefe von 90% kommt das Know-how der Mitarbeiter. Montblanc bildet selbst aus, denn noch immer sind sehr viele Produktionsschritte reinste Handarbeit. Auch bei der Präzision vertraut Montblanc eher auf das Augenmass seiner Mitarbeiter als auf Messgeräte.

Die Lupe ist deshalb das wichtigste Accessoire in der Federproduktion. Sie wird von einem Arbeitsplatz zum nächsten getragen.

Die meisten Angestellten arbeiten hier schon seit Jahrzehnten und wissen, worauf es ankommt beim Auswalzen des Goldes, beim Stanzen und Stempeln. Allein ein halbes Jahr dauert die Ausbildung zum Schweisser des Federpunkts, der aus Iridium ist und genau auf die Mitte der Feder gesetzt werden muss. Dafür gibt Montblanc sogar eine lebenslange Garantie. «Soul Makers» nennen sich die Angestellten, die danach mit einer Graphitscheibe aus Diamantenstaub die Feder vom Iridium-Kügelchen bis zum «Herzloch» aufschneiden. Dabei flackert kurz ein Licht auf, die Seele fährt in die Feder, danach kann die Tinte fließen.

Der Toleranzbereich für Fehler bewegt sich gegen Null, Ausschuss gibt es kaum bis gar nicht. Nach jedem Arbeitsschritt wird kontrolliert. Die Endkontrolle findet in einem schalldichten Raum statt, in dem fertige Federn mit durchsichtiger Tinte auf Kratzgeräusche und den perfekten Tintenfluss geprüft werden. Nur durch Hören und Fühlen erkennen die Angestellten, ob eine Feder den hohen Ansprüchen entspricht oder zurück zum Nachschleifen muss. Ist so ein Aufwand in unserer digitalen Zeit noch gerechtfertigt? Es schreibt doch heute kaum noch jemand mit Füllern. Jérôme Lambert grinst, er ist auf solche Fragen bestens vorbereitet.

Vor 20 Jahren war digital cool und analog noch notwendig. Heute ist digital notwendig und analog cool.

Das Schreiben mit Füllfederhaltern sei zu einer sehr persönlichen Entscheidung geworden. Es gehe dabei vor allem ums Vergnügen und um die Sensation zwischen Papier, Tinte und Feder. Diesen Spass leisten sich mehr Menschen als man denken könnte: Rund 45 % des Montblanc Gesamtumsatzes wird noch immer und trotz des steigenden Erfolgs der Uhren-, Leder- und Parfumsparte von den Schreibgeräten erwirtschaftet. Und das obwohl Montblanc-Füller wahrlich keine Schnäppchen sind: Der Einstiegspreis eines Meisterstücks Red Gold Classic liegt bei 470 Euro. Serienmodelle können bis zu 7'600 Euro und Spezialanfertigungen als Unikate sogar 250'000 Euro und mehr kosten können.

Das Geschäft läuft. Der Vorstandsvorsitzende könnte sich beruhigt nur den Uhren widmen, aber das entspräche nicht Lamberts Charakter. Gerade für das traditionelle Füller-Geschäftsfeld hat er viele neue Ideen im Kopf. «Es ist für unser Haus eine Pflicht, nicht nur Tradition weiterzugeben, sondern ihr auch neue Dimensionen zu verleihen. Brüche müssen erlaubt sein, um Innovation und Kreation anzutreiben. Eine Linie darf sich ruhig auch mal neu erfinden.» Gesagt, geplant, getan. Der Montblanc-Chef engagierte kurz nach seinem eigenen Amtsantritt den australischen Stardesigner Marc Newson damit, einen neuen Füller zu designen.

Der «M», wie der Neuzugang kurz und knapp heißt, kam im September 2015 auf dem Markt und wird seitdem von der Presse bejubelt als «die perfekte Ausgewogenheit von Funktion und Form». Besonders der innovative Verschluss, der mittels eines unsichtbaren Magnet-Mechanismus die Kappe automatisch immer am Montblanc-Emblem ausrichtet, wird in höchsten Tönen gelobt. Den modernen Nutzungsansprüchen und Kundenwünschen trägt die Firma Rechnung, in dem sie den schwarzen «M» neben der traditionellen Füllerversion auch als Rollerball, Kugelschreiber, Screenwriter und sogar als extradünnen Fineliner anbietet, der Grafiker, Architekten und Ingenieure überzeugen soll.

Die Kooperation mit Marc Newson ist die allererste Kooperation, die Montblanc je mit einem externen Designer eingegangen ist. Dabei soll es auch erstmal bleiben. Der Vorstandsvorsitzende: «Wir werden nun nicht jede Saison einen neuen Designer anheuern. Die Kunden erwarten von uns, dass wir neue Emotionen schaffen und modern sind, aber der Philosophie und den Werten des Hauses treu bleiben. Unsere Objekte müssen die klaren Linien es typischen Montblanc-Stils fortführen, aber auch der Tradition gerecht werden. Wir feiern nächstes Jahr immerhin unser 110-jähriges Bestehen.»

Unzählige Verträge der Weltgeschichte wurden mit dem Füller aus Hamburg unterzeichnet.

Im Konferenzsaal der Zentrale hängen Dutzende von Schwarz-Weiß-Portraits berühmter Kunden eng nebeneinander: Ob Dalai Lama, Winston Churchill, Hillary Clinton oder Peter Ustinov, sie alle halten ein Meisterstück oder ein anderes Modell mit dem weißen Stern in der Hand.

«Meine Lieblingsgeschichte ist die von John F. Kennedy und Konrad Adenauer», wirft Lambert ein und seine Worte überschlagen sich fast vor Begeisterung. Wenige Monate vor seiner Ermordung besuchte der amerikanische Präsident die Stadt Köln und trug sich dort ins Goldene Buch ein. Als auch der damalige Bundeskanzler unterschreiben wollte, stellte er fest, dass er seinen Füller vergessen hatte. «Nehmen Sie meinen», soll Kennedy zu Adenauer gesagt haben und reichte ihm sein Meisterstück. Lamberts blaue Augen blitzen: «Sieht man das Bild an, denkt man Adenauer gibt Kennedy seinen Füller. Aber es ist genau umgekehrt!

Der Sieger reicht dem Besiegten ein Objekt, das Werte und Know-how dieses unterworfenen Landes widerspiegeln. Es geht bei dieser Geste um Anerkennung des Erbes Deutschlands, aber auch um die Rückkehr zur Unabhängigkeit dieser Nation. Dieses Bild ist so bezeichnend für die Weltpolitik von damals.»

Aus Geschichten wie dieser werden Legenden gestrickt, die Sammler in den Bann schlagen. Bei Montblanc gibt es viele davon. «Allein 30% unserer Aktivität machen wir mit Liebhabern», weiss der Firmenchef zu berichten, der selbst 30 Füller sein Eigen nennt und über Tintenfarben regelrecht philosophieren kann. Das Geschäft mit Sammlern, die auf ihre persönliche Handschrift angepasste Federn bestellen oder gar die wertvollen und sündhaft teuren Kunstwerke aus dem hauseigenen «Artisan Atelier» bestellen, bringt nicht nur Geld, sondern öffnet auch Türen für neue Märkte. Ähnlich Markenbotschaftern bringen diese Kunden edle Füller von ihren Reisen mit nach Hause und machten unbewusst Werbung für die Marke. Dank ihnen schaffte es Montblanc zum Beispiel, in Brasilien und Bolivien Fuss zu fassen. «Diese Kunden repräsentieren nicht einmal 0,1% der Landesbevölkerung, aber sie lieben die schöne Schrift und schätzen die Vortrefflichkeit unserer Produkte.»

Viele dieser Kunden verbindet mit der Marke ein Schlüsselerlebnis. Selbst der Vorstandsvorsitzende hat seine eigene, ganz persönliche Montblanc-Geschichte zu erzählen. Seinen Erstkontakt hatte er im Alter von 10 Jahren, als ihn sein Jugendfreund heimlich mit ins Büro seines Vaters nahm. Auf dem Schreibtisch lag ein Füller. Sein Freund sagte: «Das ist der Montblanc meines Vaters! Auf keinen Fall anfassen!» Jérôme Lambert: «Der Name löste bei mir einen emotionalen Schock aus. Ich kannte den Berg und ich kannte die Mont-Blanc-Schokocreme aus der Konservendose. Aber dass ein Füller so heissen kann, war mir neu. Dieses Erlebnis habe ich bis heute nicht vergessen.»

  • Übersetzung: Tessa Pfenninger
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