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TITONI - eine Uhrenmarke, die keine Träume verkaufen will

Marke: Titoni Markenmacher: Daniel Schluep

Marke: Titoni

Markenmacher: Daniel Schluep

Titoni gehört nicht nur zu den bekanntesten Uhrenmarken Asiens. In China ist die Schweizer Qualitätsuhr sogar ein Statussymbol. Hinter dieser fernöstlichen Erfolgsgeschichte steht ein unscheinbares Familienunternehmen aus Grenchen.

Vielleicht war es für Daniel Schluep doch ein Glück, dass er in eine Uhrenfabrikantenfamilie hineingeboren wurde.

Auch wenn er sich zunächst nicht allzu sehr für Uhren interessierte. Oder wenigstens so tat. Wer will sich denn schon in ein vorbestimmtes Leben drängen lassen? Daniel Schluep jedenfalls nicht. Hippie oder Aussteiger werden war auch keine Alternative. Also verliess Schluep Junior erst einmal den heimatlichen Jurasüdfuss, ging nach Bern und studierte Betriebswirtschaft. Das dort Gelernte würde ihm in jedem Fall nützlich sein – egal was er in seinem Leben tun würde. Schützengasse 18 in Grenchen. Ein typischer Bau der Endfünfziger – funktional, reduziert aufs Wesentliche. Damals sah die Zukunft gradlinig aus – und passend zur Umgebung – gut schweizerisch solide. Das Büro des Patrons hat sich mit dezent eleganten Möbeln der Zeit angepasst. Wurden sie von einem bekannten Designer entworfen, dann verraten sie es nicht. Daniel Schluep, in korrektem Anzug, mit glatt gescheiteltem Haar, jedoch offenem weissem Hemd, lächelt: «Ich habe nun doch dafür gesorgt, dass Titoni ein Familienunternehmen geblieben ist.» Vor dreissig Jahren, nach ein paar Abstechern an die Pariser Sorbonne, die Sophia University in Tokio und in die USA – ein richtiges Wanderleben eben – stellte der plötzliche Tod des Vaters den stetig umherziehenden Junior unerwartet vor eine Entscheidung. «Mir wurde sofort klar, dass das Unternehmen nur weiterläuft, wenn es weiterhin von einem Schluep geleitet wird», erinnert er sich. Er dachte dabei an die Geschäftpartner seines Vaters, die seit jeher zur Titoni-, besser, der Schluep-Familie gehörten. Er erinnerte sich an die gemeinsamen Mahlzeiten und Ausflüge aufs Jungfraujoch, an denen er bereits als kleiner Bub teilnahm. An Jahrzehnte dauernde Geschäftsbeziehungen, die schlicht mit einem Handschlag besiegelt wurden. Und doch verbindlicher waren, als jeder noch so ausgeklügelte Vertrag. Insgeheim freute er sich aber auf die Zusammenarbeit mit den asiatischen Märkten, in denen Titoni seit Jahrzehnten eine bekannte Uhrenmarke war. Andere, fremde Kulturen waren das, was Daniel Schluep am meisten faszinierte.

Verschiedene Sichtweisen zuzulassen ohne sie zu werten bringt mich dazu, die Welt immer wieder neu zu sehen.

Titoni ist eine ungewöhnliche Schweizer Uhrenmarke. Fast unbekannt im eigenen Land, überhaupt im Westen, ist sie in Südostasien, besonders in China, der Inbegriff der Schweizer Qualitätsuhr.

Den Uhrenhersteller – oder im Fachjargon Etablisseur – gründete 1919 Daniel Schlueps Grossvater, der Schluep Fritz, der aus dem Bernischen nach Grenchen kam. Sein gemaltes Porträt, er wirkt väterlich, hängt an einer Wand im Konferenzraum. Nur ja nicht im Jurasüdfuss hängen bleiben und das eigene Land als die ganze Welt sehen, sagte er sich früh, expandierte ins Ausland und gab seine globale Sicht der Dinge seinen Nachkommen weiter. In den 1930ern, während der grossen Weltwirtschaftskrise, rettete der Firmenpatriarch die Felco, später Felca wie Titoni damals hiess – «reine Fantasienamen» – mit bezahlbaren Qualitätsuhren. «Unsere Kunden haben sich ihre Uhr hart verdient», zitiert der Schluep-Enkel aus der Fimenchronik und blättert – am linken Handgelenk blitzt eine Titoni «Master Series» mit schwarzem Zifferblatt – in einem der vielen prall gefüllten Firmenfotoalben auf dem kleinen runden Sitzungstisch in seinem Büro. Dafür wurden sie von der Grenchner Uhrenmanufaktur mit einem Qualitätsprodukt fürs Leben belohnt. Und Titoni kam zu seiner Firmenidentität.

Wir sind keine Trendsetter. Wir machen Uhren für selbstbewusste Leute, die wissen wer sie sind, und was sie wollen.

So gesehen macht es Sinn, wenn Daniel Schluep, während er das mit Werken chinesischer Künstler dekorierte Treppenhaus hochsteigt, sagt: «Wir verkaufen keine Träume». In der Werkmontage im zweiten Stock beugen sich, genau so wie man sich das vorstellt, Uhrmacher im weissen Kittel und dem im Auge eingeklemmten Uhrmacherglas über kleinste mechanische Teilchen. Es sind tatsächlich klassische Uhren, die hier hergestellt werden. Von schlichter Eleganz. Passend zu jeder Lebenssituation.

«Ehrlich und langlebig», ergänzt der Chef. Das ist ihm wichtig, denn für Titoni haftet nicht eine anonyme Gesellschaft, sondern er ganz persönlich: «Ein Familienunternehmen muss langfristig planen und handeln. Und seine Versprechen einhalten. Ich bin kein Manager, der nach drei, vier Jahren abspringt», sagt Schluep. Was vor nicht allzu langer Zeit noch verstaubt geklungen hätte, wirkt heute erfrischend und wegweisend. Nichts ist – gerade heute – stärker als ein authentischer Brand. «Ich gehe einfach meinen Weg», nennt es Schluep und meint auch den von Titoni. So genau auseinanderhalten lässt sich das ja nicht. Dass es dazu auch eine gute Portion Standvermögen braucht, erwähnt der Fimeninhaber nicht. Solches brauchte er, als in den 1980ern und 90ern die Solothurner Geschäftswelt seine Strategie, weiterhin auf den staatsgesteuerten chinesischen Markt zu setzen, nicht ganz ernst nahm.

In Asien will die grosse Mehrheit der Menschen ihren Kindern ein besseres Leben bieten und ist dafür bereit, Extraleistungen zu bringen. Das ist auch der Geist von Titoni.

Mit der Marktöffnung im Reich der Mitte ist Titoni dank den jahrzehntelangen Beziehungen mit China der Konkurrenz ein gutes Stück voraus. Im diesem halben Jahrhundert Erfahrung steckt der offene Geist von Fritz Schluep, der zu seiner Zeit bereits den nahen und mittleren Osten für sich eroberte. Und so war es für Sohn Bruno selbstverständlich, die chinesische Delegation zu empfangen, die sich auf ihrer Schweizreise 1959 für Uhren interessierte. Während der Rest der Uhrenbranche mit den Kommunisten nichts zu tun haben wollte. Kurz darauf bestellte die staatliche “China National Light Industrial Products Import and Export Corporation” die ersten Titoni Uhren – und man war im Geschäft. «Es war hart mit den Chinesen zu verhandeln, selten einigte man sich sofort», erinnert sich Daniel Schluep. «Es mussten immer wieder neue Gesprächsrunden geführt werden. Doch wenn der Deal einmal stand, lief alles wie am Schnürchen.»

Erfolg ist die Summe von Interesse, Herzblut, Engagement und Faszination.

Und wie damals der Wirtschaftkrisen-Kunde sich seine Uhr vom Mund absparte, muss auch ein chinesischer Kunde lange arbeiten, um sich eine Titoni leisten zu können. Die Qualität muss stimmen. Dafür sorgt in letzter Instanz Frau Zumstein in der Schlusskontrolle. In weissen Handschuhen dreht und schüttelt sie jede einzelne Uhr, prüft sie auf Wasserdichte, Ganggenauigkeit und Gangdauer und sucht detektivisch selbst nach solchen Kratzerchen an Gehäuse oder Glas, die im normalen Leben nur ein Pedant sehen würde. Besteht die Uhr den Test, kommt sie in die Schachtel im Titoni Grün und dem silbrigen Schriftzug, auf der eine stilisierte Pflaumenblüte, die Nationalblüte Chinas, prangt. Daniel Schluep schaut auf die Uhren an Frau Zumsteins Arbeitsplatz. In seinen Augen funkelt’s. In all den Jahren wurde sie nun doch geweckt, die Leidenschaft für Uhren. Schliesslich haben sie dem Familienunternehmer in dritter Generation erlaubt, sein ganzes Leben lang fremde Kulturen erforschen zu können.

  • Bilder: Gian Marco Castelberg
  • Text: Simone Ott
  • Übersetzung: Tessa Pfenninger
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