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Rudi Bindella: «Der Alleingang wäre nichts für mich.»

Marke: Bindella Markenmacher: Rudi Bindella

Marke: Bindella

Markenmacher: Rudi Bindella

Zum Familienunternehmen Bindella gehören unter anderen die Cantinetta Antinori und das »Conti« in Zürich, der Kornhauskeller und das »Lorenzini« in Bern sowie die Marken Santa Lucia und Spaghetti Factory. Rudi Bindella führt das Unternehmen in der dritten Generation. Mittelfristig übernehmen seine Söhne.

Der bald geschäftigste Finanzplatz Zürichs ist noch nahezu unbelebt und das Kopfsteinpflaster in den Gassen der Altstadt dunkel gefärbt vom nächtlichen Sommerregen. Doch im Ristorante Bindella brennt schon ein warmes Licht. Offiziell noch nicht geöffnet, gewährt es an diesem Morgen ausserterminlichen Einlass, denn Rudi Bindella zu regulären Arbeitszeiten zu treffen, ist kurzfristig ein Ding der Unmöglichkeit. Sowieso gibt es nicht viele ruhige Minuten im Leben von Rudi Bindella. Wer ihm aber in einer solchen begegnet, blickt in das zufriedene Gesicht eines Mannes, der niemandem mehr etwas beweisen muss. Vielleicht ist er gerade deshalb zufrieden, weil er es dennoch tut. Und zwar jeden Tag. Denn er ist bestrebt, dem Gast in jedem seiner Betriebe, ungeachtet ihrer Ausrichtung, ein einheitliches Erlebnis zu bieten.

Nachdem der Mantel abgenommen, frisches Gebäck offeriert, der Tee bestellt und der Stuhl zurechtgerückt wurde, erklärt er, was alle seine Restaurants gemeinsam haben: «Wir möchten Räume beseelen, damit eine Behaglichkeit entsteht, die die Leute gernhaben, wo sie sich gern treffen. Orte, an denen man spürt, dass achtsam mit kleinen Details umgegangen wird, und wo man willkommen ist.» Das klingt erst einmal angenehm simpel, doch bei vierzig unterschiedlichen Betrieben birgt es eine Menge Arbeit. Vor allem, wenn man wie Rudi Bindella darauf bedacht ist, möglichst viel selber zu machen. Nicht weil er denkt, er könne alles am besten, nein, im Gegenteil: «Ich sage es mit Stolz, dass ich über die Jahre viele Leute um mich scharen konnte, die in ihrer Fachkompetenz besser sind als ich. Das Zusammenwirken aller, das Gesamtwerk, das ist für mich etwas Wunderbares. Der Alleingang wäre nichts für mich.» Er hält kurz inne: «Nur Bilder aufhängen, das kann ich am besten», sagt er und lächelt.

Unser Beruf fordert viel Liebe, Leidenschaft und Kraft. Wer diesen Aufwand nicht betreiben mag, wird in der Gastronomie nicht glücklich.

Rudi Bindella ist bekannt dafür, Kunst zu sammeln.

Ein Gang durch seine Büroräumlichkeiten ist von permanentem Staunen begleitet: überall Statuen, Figuren, Aquarelle und grosse Gemälde. Zu viele, als dass sie überhaupt alle aufgehängt und aufgestellt werden könnten. Auch in all seinen Restaurants finden sich zeitgenössische Werke. Er möchte damit lebende Künstlerinnen und Künstler unterstützen und sieht sich als eine Art Brückenbauer zum Publikum. «Kunst passiert bei uns nicht aufdringlich, sie ist in jedem Betrieb integriert. Manchen fällt sie vielleicht gar nicht auf, wieder andere schätzen sie sehr», sagt er dazu.

Für Bindella selbst ist sie seit je ein unentbehrlicher Teil, er sei quasi damit aufgewachsen. «Viele Haushalte in der Schweiz sind eher lieblos eingerichtet. Das finde ich schade, ich versuche das zu kompensieren, denn ich glaube, es entspricht einem Bedürfnis. Ich freue mich, wenn ich das mit meiner Arbeit wieder etwas sensibilisieren kann.»

Genau so unaufdringlich wie die Kunst, integrieren sich viele andere Details ins Gesamtbild eines jeden Bindella-Betriebs.

Frische Blumen oder auf jedem Tisch eine im Preis inbegriffene Flasche kaltgepresstes Olivenöl vom eigenen Weingut Vallocaia in Italien. «Oder das Licht», ergänzt Bindella. «Kunstlicht, Tageslicht oder Kerzenlicht, das finde ich ein unentbehrliches Element.» Tatsächlich ist jeder Betrieb auf verschiedene Szenarien eingestellt – Morgen, Mittag, früher oder später Abend, Sommer und Winter – und diese Szenarien werden von Rudi Bindella selbst getestet und programmiert, bis alles passt.

«Abends im November und im Juni sind natürlich zwei ganz verschiedene Szenarien. Es lässt mir keine Ruhe, bis es richtig ist, denn die Stimmung ist gestört, wenn das Licht nicht passend zur Tageszeit eingestellt ist.» All das sei natürlich auch immer eine finanzielle Frage: «Wir brauchen zehntausend Kerzen im Jahr, wir verschenken zwanzigtausend Flaschen Olivenöl. Aber ob der Gast diese Details und Facetten bewusst sieht oder nicht, spielt gar keine so grosse Rolle. Ich denke, der Gast spürt diese Wertschätzung.»

Nur ein warmherziger, aufmerksamer, umsichtiger Mensch ist ein vorbildlicher Gastgeber.

Der 66-jährige Gastronom ist bestrebt, jedem Besucher in seinen Betrieben ein guter Gastgeber zu sein: «Nur ein warmherziger, aufmerksamer, umsichtiger Mensch ist ein perfekter Gastgeber. So weit wie möglich versuchen wir, diesen Anspruch in unseren Restaurants so umzusetzen, dass dies immer spürbar ist.» Ungefähr zehn Mal pro Woche besucht Rudi Bindella eines seiner Restaurants zum Mittag- oder Abendessen. Er will, dass ihn seine Mitarbeiter kennen. «Ich will nicht der unbekannte CEO vom sechzehnten Stockwerk sein, ich will Mitarbeitenden und Gästen nah sein.» Das kostet nicht nur viel Zeit: «Unser Beruf fordert viel Liebe, Leidenschaft und Kraft. Wer diesen Aufwand nicht betreiben mag, ist in der Gastronomie am falschen Ort.» Alles sei ein permanenter Prozess, an dessen Ende man nie gelange.

«Mein Wunsch wäre, dass sich die so genannte Kunst des Weglassens durch alle unsere Restaurants zieht.» Beim Essen sollte diese sich so manifestieren, dass es nie überladen ist. «Dies in vierzig Betrieben umzusetzen ist eine Menge Arbeit», schmunzelt er. «Jeder Koch ist auch ein Individualist und Künstler und möchte zeigen, was er kann.» Die Kunst des Weglassens erklärt Bindella anhand seiner Mutter, die eine herausragende Köchin gewesen sei und diese italienische Philosophie verstanden habe: «Sie hat nie etwas überdekoriert, sondern nur das Produkt und seine einfache Darbietung für sich sprechen lassen. Diese ursprüngliche, archaische Umsetzung ist das, was ich anstrebe. Statt also zu fragen, was es alles braucht, fragen wir lieber, was wir weglassen können.»

Dass man sich freut über das, was ist, und nicht etwas anderem nacheifert, bleibt essenziell.

Diese Philosophie des Schlichten komme der Erziehung von mehreren Kindern gleich, sagt Bindella. »Wenn Sie fünf Kinder haben und mit einem spielen, dann bleibt für die anderen weniger Zuwendung. Mit allen gleichzeitig zu spielen, ist sehr anspruchsvoll.«

Als Vater von fünf Kindern weiss er genau, wovon er spricht. Seine vier Söhne sind bereits erwachsen. Drei von ihnen werden in ein paar Jahren die operative Führung übernehmen. Auch der dritte Sohn trat in die Fussstapfen des Vaters und wurde Musiker, was neben der Gastronomie eine weitere Leidenschaft von Rudi Bindella ist, der seit seiner Zeit im Collège Saint-Michel in einer Band spielt. »Dass meine Söhne, genau wie ich damals, etwas machen wollten, was ihr Vater macht, liegt sicher auch daran, dass wir schöne Berufe ausüben dürfen.« Jemanden zwingen, das zu tun, was er macht, würde er aber nie wollen. »Wichtig ist, dass man zufrieden ist mit dem, was man tut.« Das sei etwas, was er selbst auch habe lernen müssen.

»Dass man sich freut über das, was da ist, und nicht etwas anderem nacheifert, das ist ganz essenziell. Je älter man wird, desto mehr verschieben sich die Werte. Heute interessiert mich an meinem Beruf das Zwischenmenschliche viel mehr als früher.

Ich will in einer Unternehmung tätig sein, in welcher menschliche Werte gepflegt werden und man tolle Leute trifft; ob wir dabei in der Gastronomie oder in der Schuhbranche tätig sind, ist nicht mehr so wichtig.« Auch dass Menschen gern zu Bindella als Arbeitgeberin kämen und so für sich Glück und Zufriedenheit fänden, sei sein Ziel. »Im Wort „zufrieden“ ist nicht umsonst der Frieden enthalten«, erklärt er ruhig. »Mit sich im Reinen zu sein, sodass man sagen kann: Danke, dass dieser Moment jetzt so sein kann, wie er ist... das ist wichtig. Und das mache ich eigentlich jeden Tag.«

  • Bilder: Pascal Mora
  • Text: Olivia El Sayed
  • Übersetzung: Tessa Pfenninger
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