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Caffè Ferrari – Kohle schaufeln statt Geld scheffeln

Marke: Caffè Ferrari Markenmacher: Renato Ferrari

Marke: Caffè Ferrari

Markenmacher: Renato Ferrari

Ein guter Kaffee braucht mindestens drei Dinge, um sich überhaupt gut nennen zu dürfen: ausgewählte Bohnen, deren richtige Mischung und sorgfältige Röstung. Drei zugegebenermassen relative Faktoren. Deshalb trafen wir Renato Ferrari, für den die Qualität seines Kaffees seit jeher mehr als nur ein Beruf war.

Für den perfekten Kaffee verwendet Renato Ferrari Arabica-Bohnen aus Zentralamerika, sorgt selbst für die richtige (streng vertrauliche) Mischung und überwacht die zeitintensive Röstung, in der vermutlich das Geheimnis der Einzigartigkeit dieses Kaffees schlummert.

Seine Pensionierung liegt bald 20 Jahre zurück, aber ausser der Tatsache, dass sein ehemaliger Beruf zu seinem Hobby wurde, hat sich nichts verändert. Der Röstprozess seines Kaffees dauert überdurchschnittlich lang, denn die über hundertjährige Röstmaschine erreicht nur eine Höchsttemperatur von 200°C. Dadurch wird den Kaffeebohnen ein erheblicher Teil der Gerbsäure entzogen, und die Aromen entwickeln sich langsamer, dafür aber intensiver.

Es ist Montag früh, halb acht, und im Halbdunkel ist auf der Türe «Verbotener Eingang» zu lesen. An der anderen, der Ladentür, hängt ein Schild mit einem Scherz über Öffnungszeiten. Von drinnen dringen aber Stimmen und ein Rattern in den noch zwielichtigen Morgen hinaus. Ich kneife die Augen zusammen und versuche durchs Fenster zu sehen, als ich Mike Schärer entdecke, der mit einem Zeitungsstapel beladen zum verbotenen Eingang schreitet – und mir zuwinkend Einlass gewährt.

Mike Schärer ist der Neffe von Renato Ferrari und wird die Rösterei eines Tages übernehmen: Gross, mit freundlichem Gesicht und einem gerollten «r» ganz weit hinten im Hals. Er führt mich in die Rösterei, wo ein paar Frauen gerade dabei sind, Kaffee abzupacken, während der Röster das Kohlefeuer überprüft. Die Maschinen tanzen stampfend im Takt. Es riecht nach Kaffee und brennendem Holz. Der alte Herr steht immer dabei, wenn zweimal pro Woche die grünen Bohnen aus ihren Jutesäcken im Lager geholt und über dem Kohlefeuer dunkelbraun, ölig glänzend geröstet werden. Das Sicherstellen der Qualität und die Liebe zu diesem Produkt treiben ihn an. «Man muss sich schon noch etwas gedulden, bis ich hier weg gehe.»

Ferrari lacht. Heute wie damals fasziniert ihn das Produkt, und er freut sich über die Tendenz, die sowohl er als auch seine Mitarbeiter zu erkennen glauben: Die jungen Leute geniessen vermehrt das Kauferlebnis in der Rösterei Ferrari. Sie treffen hier auf eine Welt, die sie so nicht mehr kennen: die Maschinen, das Handgemachte und der kleine Kaufmannsladen, geführt von Ferraris Frau Bethli. «Es ist die Faszination für diese eigentümliche Welt, die die Jungen wieder zum Kaffeetrinken verleitet», ist Ferrari überzeugt. Nicht der Kaffee selbst.

Wir produzieren nicht den besten Kaffee. Das ist Geschmacksache. Aber wir bieten mit Sicherheit die beste Qualität.

Er führt mich in sein Büro und bietet mir den besten Platz im Raum an. Unter seinem roten Paul & Shark Yachting Pullover trägt er ein weisses Hemd, aus dessen Ausschnitt der goldene Halter eines Mont-Blanc-Stiftes hervorblitzt.

Ferrari bemerkt meinen Blick und erklärt mir ungefragt, dass man ein edles Produkt eben nur herstellen könne, wenn man selber Stil habe. Oder wie sein Vater es ihm gelehrt hatte:

Un prodotto buono dev’essere fatto con stile.

Sein Vater war ihm, nebst Helmut Schmidt, den er vor allem fürs konsequente Rauchen und seine Sturheit bewundert, immer das grösste Vorbild. Als Ferrari senior in die Deutschschweiz kam, sprach er nur wenig Deutsch. Doch es war die Zeit der italienischen Immigranten. Egal wie gross oder klein ein Lokal im Kreis 4 damals war: Gehörte es einem Italiener, so fand sich darin auch eine Espressomaschine, die wiederum nach den dunklen Ferrari-Bohnen verlangte.

Seien Sie stur und rauchen Sie viel. Dann werden Sie alt und erfolgreich.

Viele der damaligen Kunden sind es noch. Auch dank Ferraris Kompromisslosigkeit. Es gibt keinen Mengenrabatt. «Stellen Sie sich den Gewinn vor, den jemand machen würde, nur weil er eine grössere Menge kauft!» Seine Augen leuchten, und in Windeseile rechnet er mir so schnell etwas vor, dass ich nur dastehe und staune. «Ich komme lieber jemandem im Preis entgegen, der schon seit zig Jahren bei uns bestellt.» Ferraris Freiheit in der Berufswahl war durch seinen Status als einziger Sohn eingeschränkt.

Es war immer klar, dass er die Rösterei eines Tages übernehmen würde. Weil er mit Kaffee gross geworden war, schien ihm das aber nie ein Nachteil zu sein. Er bewunderte seinen Vater und den damaligen Röster für ihre Leidenschaft. Sie liebten ihren Beruf und meisterten so ohne jegliche Hilfe von aussen den ganzen Betrieb.

Von seinem Vater hat er ausserdem gelernt, wie wichtig es in einem kleinen Betrieb ist, jede Funktion auch selbst ausführen zu können, um unabhängig zu bleiben. Mit Handelsdiplom und kurzem Auslandaufenthalt im Gepäck kam Renato Ferrari 1948 als stolzer Mann zurück ins beschauliche Dietikon, bereit in den Betrieb einzusteigen. In Gedanken schon ganz Geschäftsmann, betrat er die Rösterei und wollte sich alsbald an den Schreibtisch setzen und loslegen. Doch sein Vater, eine Schürze über dem Arm, versperrte ihm den Weg.

Du gasch gar nienets ane. Leg dä Schurz ah und gang go Chole schufle!

Enttäuscht gehorchte der junge Mann, stellte sich zusammen mit seinem Stolz neben den Kohlehaufen und erlernte das Handwerk des Kaffeeröstens von Grund auf. Noch heute geht das Lernen weiter: «Plötzlich hiess es, du musst jetzt ins Internet. Dabei mag ich gar keine Computer», lamentiert er. Und sein ungutes Gefühl bestätigte sich schnell: Kaum war die Webseite online, war ein gewisser Herr Cordero di Montezemolo am Apparat und drohte mit einem Prozess. Name gross schreiben, selbigen nur an zweiter Stelle platzieren und zwingend ein Kaffeetässchen als Bildzeichen zwischen die Wörter. Dies war Teil der Auflage, damit er nicht plötzlich auf die Idee käme, das Wort Ferrari mit einem Pferdchen zu schmücken, erzählt er. Und tippt sich dabei an die Stirn.

Mir ist das egal, ob Caffè Ferrari oder ferrari caffè – mein Kaffee ist, was er ist, egal was auf der Tüte steht.

Teuer war es aber trotzdem. Und das, obwohl Ferrari eigentlich auf sein Nutzungsrecht hätte bestehen können. Den Kaffee gibt es nämlich weitaus länger als die pferdestarken Karossen. Aber Renato Ferrari wollte nicht streiten. Offensichtlich hat seine hochgelobte Sturheit auch Grenzen. Dann doch lieber noch eine Pfeife.

  • Bilder: Gian Marco Castelberg
  • Text: Olivia El Sayed
  • Übersetzung: Tessa Pfenninger
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