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Monkey 47 – handgemachter Gin aus dem Schwarzwald

Marke: Monkey 47 Markenmacher: Christoph Keller und Alexander Stein

Marke: Monkey 47

Markenmacher: Christoph Keller und Alexander Stein

Der eine kommt ursprünglich aus dem Verlagswesen, der andere aus der Kommunikationsbranche.

Dem einen stand der Sinn nach Entschleunigung, dem anderen nach einem Abenteuer. In ihrem Bestreben, ein qualitativ einzigartiges Produkt zu schaffen, ergänzen sich die beiden Unternehmer Christoph Keller und Alexander Stein perfekt.

Ungleicher könnten die beiden fast nicht sein.

Christoph Keller – kauzig, bärtig, Hotzenplotz – war Kunstbuchverleger, bevor er sich vor etwas über einem Jahrzehnt dazu entschied, diesem Lebensabschnitt trotz oder gerade wegen großen Erfolgs den Rücken zu kehren und sich einen Hof im Schwarzwald zu kaufen, wo er seither mit seiner Frau und seinen beiden Kindern lebt und arbeitet.

Alexander Stein – Geschäftsmann, Gel, Gummistiefel (aber von Le Chameau) – war in Amerika für Nokia tätig. Als sein Vertrag auslief, wollte er in der Folge einmal etwas ganz anderes machen. »Ein Produkt zum Anfassen«, das sollte es werden. Steins Eltern und Großeltern hatten beruflich mit Spirituosen zu tun, »und trinken kann ich auch gut, da war das irgendwie naheliegend«, scherzt er, während er mit langen Schritten über den landwirtschaftlichen Betrieb in Münchhof führt. Man hielte ihn wohl für verirrt, trüge er nicht diese olivgrünen, kniehohen Gummistiefel, die angesichts des warmen Wetters ein bisschen so wirken, als bräuchte er selbst ein spürbares Bindeglied zwischen sich und hier, inmitten all dieser Natur. Sein Vater war es, der ihm eines Tages einen Artikel über den Ausnahmebrenner Christoph Keller hinlegte. Stein wusste sofort: »Das ist der Mann, mit dem sich meine Idee eines komplett handgemachten Gins umsetzen ließe.« Und so nahm diese Geschichte ihren Lauf. »Dass das so erfolgreich würde«, sagt Keller, »hätte keiner von uns beiden gedacht.« 

Die zweitbeste Brennerei der Welt

Das Gut beheimatet zwei Unternehmen, wie Stein erklärt: Die Stählemühle für die Obstbrände und Monkey 47, der Gin von Keller und Stein. Auf dem Gut befinden sich auch das private Wohnhaus von Christoph Keller und seiner Familie sowie das kleine Häuschen, in welchem früher der Müllergeselle im oberen Stock wohnte und wo im unteren Teil das Herzstück des Hofs steht: die kupferfarbene Brennanlage. Die Anlage mutet fast museal an, als stünde sie hier nur als diminutives Musterbeispiel. Die Brennblase fasst nur 152 Liter. Im Vergleich zu industriellen Brennereien ist das wenig. Doch es ist tatsächlich hier in diesem kleinen Raum, wo Keller braut, was weltweit in den höchsten Tönen gelobt wird. Die Stählemühle erzielte mit ihrem Sortiment 2013 das beste Ergebnis bei der wichtigsten internationalen Prämierung, das je eine deutsche Brennerei erreichen konnte.

Seither rangiert sie als zweitbeste Brennerei der Welt in der Rangliste von Destillata und Gault Millau.

Wenn ich etwas mache, dann richtig und am besten, sonst kann es ja auch wer anders machen.

Gelernt hat Keller das Brennen erst mit dem Einzug in den Hof. »Wirklich Ahnung davon hatte er soviel wie ich, als ich dazu kam: Nämlich null«, sagt Stein und grinst. Es gibt jedoch ein Abfindungsbrennrecht, das besagt, dass wer eine Brennanlage bei sich stehen hat, verpflichtet ist, damit mindestens 300 Liter reinen Alkohol in zwei Jahren zu produzieren. Ansonsten verliert man das Brennrecht. Also ließ sich Keller kurzerhand von seinem Vorbesitzer alles erklären und fing an, selbst zu brennen. Sein Ehrgeiz aus früheren Tagen als Kunstbuchverleger ging mit der Entscheidung zu entschleunigen nicht verloren, im Gegenteil: »Wenn ich etwas mache, dann richtig und am besten, sonst kann es ja auch wer anders machen«, findet Keller und fährt sich mit der sonnengebräunten Hand durch den zutzeligen Bart. »Ich hatte schon immer eine gewisse Produktaffinität. Ich freue mich einfach etwas zu machen, was ich jemandem in die Hand geben kann. Im Bewusstsein, hier an einer Marke zu arbeiten, lebe ich mit Sicherheit nicht.« 

Warum die Trinkstärke die Zutaten bestimmt

Hinter dem Haus blüht der Kräutergarten: nach Zitronen duftende Goldmelisse, verschiedene Malven-Arten, violett leuchtender Ysop, Salbei, Lavendel. «Und Wermut», sagt Stein und deutet mit dem Finger auf den gräulich-grünen Strauch, »das ist das bitterste Kraut der Natur.« Und Keller fügt an: «Und gleich da hinten, das ist die Süssdolde, die nach Anis riecht und nach Lakritze schmeckt, das gleicht die Bitterkeit von Wermut wieder aus.» Für die Produktion ihres Gins reicht die Menge an Kräutern im Garten bei weitem nicht aus. »47 Prozent ist die klassische Trinkstärke von Gin«, erklärt Keller die Zahl im Namen. «Also wollten wir auch 47 Pflanzen dafür verwenden.» Stein erklärt: «Davon sind 25 signifikant in Menge und Geschmack, aber alle sind wichtig für das Endprodukt.» Die Pflanzen im Garten verwenden sie deshalb vor allem für Kräuterdestillate, die sie für Spitzenköche produzieren. Stein dazu: «Unser Fokus liegt auf botanischem Wissen und auf den Rohstoffen, uns geht es nicht darum, wie man ein Produkt am günstigsten hinbekommt. Wenn wir nur auf Profit aus wären, läge hier unter diesem Garten auch kein Reifelager.» Und Keller erklärt, dass man Gin eigentlich nicht lagern müsste: »Aber wenn man sich der Maxime der Qualität verschreibt, tut man besser daran, denn das Produkt wird harmonischer. Das müssen keine acht Jahre sein wie bei Whiskey, aber so hundert Tage tun dem Produkt schon gut.«

Aus 47 Zutaten und deren Beschaffenheit – zum Beispiel frisch die Zitronenschalen, aber halbtrocken der Wacholder – ergeben sich beinahe unzählige Kombinationsmöglichkeiten. Das Rezept lässt sich deshalb auch nicht kopieren: »Der Quereinsteiger weiß, dass er nichts weiß. Das kann ein Vorteil sein«, sagt Stein. Die beiden Unternehmer arbeiteten in ihren Anfängen nach einer historischen Vorlage und analysierten die einzelnen Komponenten von Gin. Sie kamen auf 120, bestellten davon in rauen Mengen und tüftelten Tag und Nacht, bis das Endprodukt ihrer Vorstellung eines Gins gerecht wurde. Keller: »Wir wollten etwas produzieren, das nicht so stark nach Alkohol schmeckt. Entscheidend dafür ist die Wahl der Zutaten. In der Destillation kann man nichts mehr verbessern.« Allein die Pfeffermischung besteht aus verschiedenen einzelnen Komponenten, die Stein bei sich zuhause mischt, bevor er sie an die Produktion weitergibt.

In fünf Jahren reich werden oder ein einwandfreies Produkt schaffen – das sind diametral andere Ziele.

»Entweder geht es nach meiner Regel, oder es geht nicht«

Wegen der Verwendung frischer Zitrusfrüchte beschränkt sich die Produktionszeit des Gins auf sechs Monate im Jahr. »Das ist zwar bedauerlich, aber wir wollen unsere Reputation nicht beschädigen und der Gier wegen künstliche Aromen verwenden«, meint Alexander und zuckt mit den Schultern. Keller nimmt sich eine Zitrone und fährt mit dem Nagel über die Schale, um das Wachs abzuziehen. »Wo bio draufsteht, ist meist eben nur grad so viel bio drin, wie drin sein muss, damit bio draufstehen darf. Es ist ein großer Aufwand, die wirklich guten Produkte zu bekommen.« Und Stein meint: »In fünf Jahren reich werden oder ein einwandfreies Produkt schaffen – das sind diametral andere Ziele.«

In Deutschland gibt es über 25'000 aktive Brennereien, laut Keller werden jeden Monat fast zweihundert neue Gins in den Handel gebracht. Um an der Spitze zu bleiben, braucht es eine klare Positionierung. »Man muss ein System haben und dieses rigoros verfolgen. Entweder es geht nach meiner Regel oder es geht nicht. Da muss man konsequent bleiben«, findet Stein. »Hendricks hat den Weg geebnet und den Gin wieder in die Bars gebracht«, sagt Keller und verschränkt seine Arme hinter dem Latz seiner Hose. Seither seien einige gute Gins auf den Markt gekommen. »Die freuen uns. Nur die vielen schlechten ärgern uns. Wenn dann jeder Grafiker und Werber denkt, er müsse jetzt auch noch einen Gin produzieren, das macht mich wahnsinnig. Es geht dann plötzlich nur noch ums Verkaufen und um schönes Verpackungsdesign. Und statt alles auffliegen zu lassen, wird in der Presse alles gefeiert.« Stein nimmt die dunkle Flasche mit dem teuren Inhalt hervor und dreht sie in der Hand. »Klar ist es wichtig, dass alles gut aussieht. Denn warum wählen die Leute die Flasche? Weil sie schön ist.« Und Keller sagt: »Dann musst du aber liefern. Ich hätte die größte Lust dazu, hässliche Produkte zu machen, damit es wieder mehr um den Inhalt geht.« Stein nickt ihm beipflichtend zu und meint: »Es muss halt in der Gesamtheit stimmen. Und ein bisschen Glück gehört wohl auch immer dazu.«

Ich hätte die größte Lust dazu, hässliche Produkte zu machen, damit es wieder mehr um den Inhalt geht.

Unterschiede, die verbinden

Sie setzen sich an einen Tisch im Freien und zünden sich eine Zigarette an. Es kräht ein Hahn, Vögel zwitschern, die Bäume rauschen leise. »Mich hat mal jemand gefragt, wo ich den her hätte. Ob ich den gecastet hätte«, erzählt Stein und zeigt mit dem Kinn auf Keller, der vergnügt aus seiner Gesichtsbehaarung lugt. Tatsächlich sehen sie so aus, als hätten sie sich gegenseitig gebucht, um dem Aspekt mehr Gewicht zu verleihen, der ihnen als Einzelunternehmer fehlen würde. »Wir sind schon sehr unterschiedlich und streiten auch, aber wir akzeptieren uns gegenseitig als Sparringspartner«, sagt Stein. »Uns verbindet ja vor allem auch, dass jeder von uns lieber alles alleine machen möchte«, feixt Keller und blinzelt in die Sonne. Und als ob er dort die mit Plaudern versäumte Zeit ablesen könnte, seufzt er: »Das wird sich heute Abend alles rächen.« Er steht auf und trottet im Habitus eines viel älteren Mannes, als er eigentlich ist, davon. »Christoph!«, ruft Stein ihm nach, und dieser blickt zurück. »Das Interview ist durch, du kannst den Bart jetzt abnehmen!« Sie tauschen einen spitzbübischen Blick und lachen vor sich hin. Jeder für sich.

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