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Franz Habel – Ein Mann für alle Fälle

Marke: Vulcano Schinken Markenmacher: Franz Habel

Marke: Vulcano Schinken

Markenmacher: Franz Habel

Für Supermärkte ist das Angebot von günstigem Frischfleisch wichtig, denn es lockt die Konsumenten in die Läden. Das sorgt für Druck in der Produktionskette: Viele Betriebe halten diesem Diktat nicht stand und gehen entweder unter oder werden zu Zuchtanlagen, die mehr und mehr wie Fabriken für Massenware funktionieren. Das Leid tragen die Tiere. Einer, der mit aller Vehemenz dagegen hält, ist Schweinebauer Franz Habel.

Um seinen Schinken zu vertreiben, reist Franz Habel – oder «Vulcanofranz», als welcher er ab der zweiten SMS zur Terminkoordination grüsst – oft in der Welt umher.

So verschlägt es ihn auch immer wieder nach Zürich, wo er heute einige Termine zu erledigen hat. Er erscheint an diesem frischen, aber sonnigen Morgen mit grünem Filzhut, weissem Hemd, festem Schuhwerk und einer Ledermappe gefüllt mit Unterlagen. Auf dem Weg zum See, wo er das Interview führen möchte (weil es da doch am schönsten sei), bestellt er an der Take-Away Theke eines Cafés einen Tee und zückt zum Dank den Hut. «Servus!» ruft er dem Barista zu und spaziert aus dem kleinen Laden, wo er ein paar ob so viel strammer Freundlichkeit verdutzte Gesichter hinterlässt. Am See begrüsst er die Schwäne mit einem «Hallo ihr!» und setzt sich beschwingt auf die Sitzvorrichtung am Wasser. Es gehe doch nichts über die Natur, ruft er.

In einem Moment der Unachtsamkeit fällt noch vor Beginn des eigentlichen Interviews das Gerät zur Aufzeichnung des Gesprächs ins Wasser. «Oha.» sagt er. «Brauchst du des noch?» Und bevor das bejaht werden kann, ist er – nanu? – bereits dabei, Schuhe und Hose auszuziehen. »Ich hol dir das, ganz klar«, sagt er und steigt flink ins kalte Wasser. Nach einem kurzen »Brrr!« taucht er nach dem Telefon, streckt es nach oben, prustet einmal, schnaubt und zieht sich am Rand wieder hoch aus dem See. Helfen lassen will er sich dabei nicht. »Wir aus der Steiermark, wir sind halt noch so!« sagt er und zieht über seine nasse Unterhose seine trockenen Sachen wieder an – «ich muss um neun drum gleich weiter!» – und lässt sich nichts anmerken, obwohl ihm das Wasser von den Haaren in die Augen tropft und die trockene Hose wegen der nassen Unterkleidung schon ganz dunkel wird. »Darf ich anfangen?«, fragt er.

Eigentlich gehört Franz Habel in die österreichische Steiermark. Dort, oben an einem Berg, in einem Dörfchen namens Auersbach, liegt sein kleines Reich: Sein Hof, sein Haus, sein Schinken. Die Region zeichnet sich aus durch leichte Hügel, fruchtbaren Boden und ein mildes Klima, das Wein- und Gemüseanbau begünstigt. Inmitten dieser vulkanischen Landschaft hat sich Franz Habel sein Leben aufgebaut. 1997 übernahm der damals 30-Jährige den elterlichen Betrieb und führt ihn seither mit seiner Frau Bettina und den drei gemeinsamen Töchtern. Die seit dem EU-Beitritt Österreichs immer niedriger werdenden Schweinepreise seien für ihn Anstoss gewesen umzudenken, sagt er. »Uns Schweinebauern ist an einem gewissen Punkt der Sinn der Landwirtschaft verloren gegangen«, erzählt er. «Je grösser die Betriebe, umso niedriger ihre Preise. Da kann man irgendwann als kleiner Betrieb gar nicht mehr mithalten. Ich habe immer fleissig gearbeitet, aber ich wusste, dass Fleiss allein nicht reichen würde.« Er räuspert sich und zuckt mit den Schultern. »Ich sagte zu mir, Franz, egal wie fleissig du bist, egal wie gross du wirst, du wirst immer nur ein bisschen grösser als klein sein. Und da dachte ich mir: Wenn ich sterbe, dann will ich es wenigstens versucht haben!« Mit anderen Bauern zusammen gründete Franz Habel deshalb die Vulcano Fleischwarenmanufaktur. Von der Aufzucht der besonderen Edelschweine, über die sorgfältige Verarbeitung, die spezielle Räucherung und überdurchschnittlich lange Reifung des Fleisches wird alles selbstgemacht.

Du kannst alles machen auf Erden, nur Mensch und Tier sollst du nicht gefährden.

Seine Schweine, mit denen er mehrmals täglich spricht, leben teils im Freien, teils in Jahrhunderte alten Ställen. Sogar eine Dusche haben sie. «Für uns ist wichtig, dem Tier eine grosse Wertschätzung zu geben», findet Habel. »Wir füttern mit viel Getreide, Roggen, das hat wenig Polyensäure , dadurch können wir die Produkte später bei hohen Temperaturen reifen lassen. Diese Fütterung lässt die Schweine ausserdem langsamer wachsen und sorgt später für eine gute Marmorierung und damit mehr Zartheit im Fleisch.« Auf synthetische Mittel wird während des ganzen Prozesses verzichtet, die Produkte sollen laut Habel komplett natürlich sein. Der Schinken wird denn auch mit nur wenig Meersalz handbearbeitet. »Im Fleisch selbst sind bereits über 100 Aromen enthalten«, erklärt er. Zu viele Gewürze würden diese nur unnötig überdecken.

Auch sonst ist das Zuviel nicht etwas, was Franz Habel bekommt. Er will mit seinem Betrieb zwar wachsen und erfolgreich sein; das Wachstum der Fleischmanufaktur ging zeitweise gar so rasch voran, dass Habels ursprüngliche Partner irgendwann lieber nur noch als Lieferanten für ihn tätig sein wollten. Seit 2010 arbeitet Habel mit einem neuen Partner und Financier, Christian Trierenberg, durch den die Vertriebsmöglichkeiten zusätzlich verbessert und sein Betrieb zu einer »Schinkenerlebniswelt« umfunktioniert werden konnten. »Ich mag es einfach, wenn man grosse Schritte machen kann«, meint Habel dazu und hüstelt. »Es soll immer vorangehen.« Es sei ja so, beginnt er und schaut ernst: »Du kannst alles machen auf Erden, nur Mensch und Tier sollst du nicht gefährden.« Im Kleinen zeigt sich Habel, der am liebsten barfuss geht, um die Bodenhaftung zu spüren, ganz bescheiden. »Ich esse sehr bewusst«, verrät er. Und wie zu fast allem, ist er auch hier um keinen Vergleich verlegen. »Wenn ich vom Tisch gehe, könnte ich mich immer gleich wieder hinsetzen und die gleiche Menge nochmals essen. Ich will nach dem Essen einen hundert Meter Sprint machen können, wenn es denn nötig wäre.

Wenn ich schlapp bin und geistig nicht auf der Höhe, das mag ich nicht.«

Wenn ich sterbe, so möchte ich wenigstens sagen können, dass ich es versucht habe.

Es überrascht, dass Franz Habel nur nach fünf Werten zu leben behauptet, denn eigentlich klingt alles, was er sagt druckfertig für einen Kalender voller kleiner Weisheiten. In ungebrochen schnellem Tempo – es ist bald neun! – fährt er mit seinem Stehgreifreferat fort, nicht ohne sich vorher noch einmal zu räuspern. »Erstens: Ruhe bewahren. Das kann ich schlecht, drum ist das wichtig.« Er lacht und rutscht auf den Holzlatten der Bank hin und her. »Weiter: Disziplin. Das dritte ist der feste Glaube an die Dinge, die du selbst umsetzen möchtest. Dann als viertes sehr wichtig: Herzlichkeit. Egal ob du Menschen oder Tiere triffst, begegne ihnen herzlich. Mit meinen Schweinen spreche ich jeden Tag, sie sollen ein schönes Leben haben. Aber das Wichtigste aller Prinzipien: Leichtigkeit. Es gibt so viele Menschen, die glauben: Im Schweisse deines Angesichtes sollst du dein Brot verdienen. Das ist auch tief im katholischen Glauben verankert.« Dieser Meinung ist Habel nicht: »Man muss dann schauen, wie intensiv man das lebt. Denn wenn etwas schwer zu tragen oder zu bewältigen ist, kann man halt auch immer nur kleine Schritte machen. Grosse Dinge gehen nur dann, wenn’s leicht

Er steht auf und hebt einen Zigarettenstummel vom Boden auf. «Zum Beispiel hier» er hält den Stummel vor sein Gesicht, «da fängt für mich persönlich Qualitätsproduktion an. Sie ist immer eine Frage der Einstellung. Wenn hier ein Tschick-Stummel rumliegt, auch wenn der nicht von mir ist, dann heb ich den auf und werf’ ihn weg. Da beginnt es halt.» Er steht auf, und noch immer barfuss, geht zum Mülleimer. «Nur wenn wir so agieren, der Natur herzlich gegenüber, dann ist alles gut.»

  • Bilder: Henning Bock
  • Text: Olivia El Sayed
  • Übersetzung: Tessa Pfenninger
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