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Michael O’Keeffe – der Esprit, der aus der braunen Flasche kam

Marke: Aesop Markenmacher: Michael O’Keeffe

Marke: Aesop

Markenmacher: Michael O’Keeffe

Aesops CEO Michael O’Keeffe war schon immer jemand, der auf mehreren Gebieten Hervorragendes leisten wollte. Auf sein Ingenieursstudium setzte er noch einen MBA oben drauf. Statt Marathon lief er irgendwann Triathlon.

Und bei Aesop hat er die Erfindung des Friseurs Dennis Paphitis zum Blühen gebracht, seit er die Produkte in grossartig designten Boutiquen direkt an seine Klientel verkauft.

Man geht bestimmt nicht zu Aesop, weil eine Angelina Jolie oder eine Nicole Kidman dafür Werbung gemacht hätten. Das würde irgendwie nicht zu den braunen Flaschen passen, obwohl sie tatsächlich sehr elegant aussehen, wenn man sie aneinanderreiht oder aufeinandertürmt.

Jede Aesop-Boutique macht das ein bisschen anders, doch die unausgesprochene Botschaft bleibt immer die gleiche: «Weniger ist mehr, kümmere Dich nur gut um Dich selbst!»

So hektisch das Leben draussen in den besten Lagen der Städte auch ist – innen in den Läden herrscht absolute Ruhe und Aufgeräumtheit. Den Luxus im Alltag zu vermitteln, beherrschen die Aesop-Angestellten wirklich gut. Man bekommt ein Tässchen Tee angeboten, im Hintergrund trällern Billy Holiday oder Edith Piaf. Gleich wird die minimalistisch gekleidete Verkäuferin eine Konsultation anbieten. So nennen sie es, wenn sie sich am Waschbecken eingehend mit Händen, der Haut oder den Haaren eines Kunden beschäftigen.

«Wer das einmal erlebt hat, kommt entweder gar nicht mehr – oder garantiert wieder,» kommentiert das Aesops CEO, Michael O’Keeffe. Aesops Kunden wollen nicht die grosse Masse – sie wollen verstanden werden. Umso wichtiger, dass die Angestellten an der Verkaufsfront ihren Job als Markenbotschafter gut machen. Wir sind im Headquarter der Firma in Melbournes Szenestadtteil Fitzroy. In der gleichen Strasse finden sich Plattenläden, Galerien, Möbelgeschäfte, Bars und vegane Imbisse. Doch eines der coolsten Gebäude ist der dunkle Backsteinbau der Firma, deren Namen man zunächst vergeblich sucht.

Nur ein Zitat von Virginia Woolf prangt an der Aussenfassade. «Why are women so much more interesting to men than men to women?» Aphorismen und Zitate sind eine Spezialität des Gründers – man findet sie auch auf den Verpackungen der Aesop-Produkte.

Hinter einem schlichten Holztresen empfangen gleich zwei höfliche junge Rezeptionisten die Kunden: eine Frau und ein Mann, beide die Haare zum Dutt hochgesteckt. Das Ambiente erinnert an Japan, der Geruch in der Luft an einen gut sortierten Bioladen. Alle Aesop-Produkte basieren auf pflanzlicher Basis, aber statt nach Rosen duften sie eher nach Geranien oder Petersilie.

Im unscheinbaren Besucherzimmer nebenan steht der CEO in Tweed-Sakko und hochgekrempelter Jeans, als sei er mit dem Fahrrad gekommen. Und der sportliche Eindruck täuscht nicht: Nach dem Studium war O’Keeffe professionelles Mitglied eines Fahrradteams in Italien.

Noch bis 2012 war er als Triathlet erfolgreich, dann gab er auf, weil das Training zwischen all den Telefonaten in drei Zeitzonen einfach keinen Platz mehr fand. «Ich habe schliesslich noch eine Frau und drei Kinder im Alter von 15, 13 und 11 Jahren. Und ich geniesse es sehr, Zeit mit ihnen zu verbringen.“Er selbst ist 46, aber man würde ihm auch 10 Jahre weniger abnehmen, weil er so leidenschaftlich erzählt – so, als habe er gerade erst bei Aesop angefangen.

Dabei lenkt er die Geschicke der Firma schon seit 2003 in eine erfolgreiche Richtung.

Integrität, Design und Kultur bilden die DNA der Firma

Gegründet hat Aesop jedoch ein anderer: Dennis Paphitis, ein sechs Jahre älterer Friseur mit griechischen Eltern. Er fing Ende der 80er Jahre in seinem Salon in der Nähe an, für Kundinnen mit geschädigten Haaren Pflegeprodukte auf Pflanzenbasis herzustellen und in altmodische braune Glasflaschen abzufüllen.

Die Verpackung hatte er gewählt, weil die Produkte so besser vor der Sonne geschützt waren und darum weniger Konservierungsstoffe brauchten. Dennis muss überhaupt ein sehr kluger und belesener Mann sein. Die antiken Philosophen waren seine Inspiration, und der Name Aesop (nach dem berühmten antiken Geschichtenerzähler) ist mehr als nur eine Masche.

Denn Kultur und Design prägen noch heute die DNA der Firma. «Er steckt voller Ideen, wie ein Künstler oder Philosoph», sagt sein CEO über ihn.

Bloss Wirtschaft und Finanzen interessierten Paphitis einfach nicht. So wurde ihm der junge Michael O’Keeffe vorgestellt. Dessen Vater hatte eine Schriftsetzerei gehabt, in welcher O’Keeffe Junior von früher Jugend an lernte, was einen Unternehmer auszeichnet: «Chancen erkennen – und über Wachstum nachzudenken.» Darum absolvierte er nach seinen Studien der Naturwissenschaften und des Ingenieurwesens noch einen MBA an der London School of Economics und arbeitete anschliessend als Finanzberater. Es war die Dotcom-Ära, und neue Geschäftsmodelle gab es zuhauf.

Doch nichts konnte O’Keeffe wirklich überzeugen. Erst in Dennis’ Apothekerflaschen mit den pflanzlichen Ingredienzien glaubte Michael endlich das ersehnte Potenzial gefunden zu haben. «Auf der Basis von Formeln neue Pflegeprodukte zu erfinden, das gefiel auch dem Ingenieur in mir.» So gingen der Ultra-Kreative und der kosmopolitische Geschäftsmann eine Beziehung ein, die sich bald als extrem erfolgreich erweisen sollte.

Jede Boutique ist ein Unikat – denn gutes Ladendesign muss im Dialog mit der Nachbarschaft stehen

Unter Dennis Paphitis’ Ägide wurden die Shampoos, zu denen sich bald auch Hautcrèmes gesellten, in den coolsten Konzeptstores der Welt verkauft – zum Beispiel bei Colette in Paris, was natürlich eine schöne Adresse war. Doch Michael O’Keeffe ahnte, dass es den Umsatz enorm steigern würde, wenn sie direkt mit den Kunden in Kontakt treten könnten. Nach nur acht gemeinsamen Monaten eröffneten Paphitis und O’Keeffe ihren ersten Laden in Melbourne, der Dennis’ Salon nachempfunden war. Dieser „Testballon“ wurde zu einem grossen Erfolg.

Heute gibt es über 140 Aesop-Geschäfte in 18 Ländern – aber nur in den Städten, welche den auf Ganzheitlichkeit und Integrität ausgerichteten Aesop-Lifestyle verstehen.

China sei zum Beispiel einfach noch nicht bereit dafür, meint O’Keeffe. In ihrer Heimat Melbourne hingegen haben Paphitis und O’Keeffe inzwischen neun (!) Boutiquen, die jede völlig unterschiedlich gestaltet und an ihre Nachbarschaft angepasst sind.Auf der Hipstermeile Melbournes, nur ein paar Häuser vom Headquarter entfernt, arbeitet z.B. eine tätowierte Verkäuferin, die auch abends in einer Band singt.

Und was neben dem Fenster aussieht wie eine Tiertapete, ist ein von Aesop bei einem japanisch-australischen Künstlerduo in Auftrag gegebenes Kunstwerk.

Das Altbau-Lokal an einer Strassenecke in North Melbourne wiederum ist ganz in Rosa gehalten, und 100-jährige Bronzebecken aus Wien zieren die Wände. Aus den riesigen Fenstern sieht man auf der Strasse Mütter mit Kinderwägen vorbeispazieren. Anders die Atmosphäre im maskulin gehaltenen Laden auf der teuren Collins Street: Hier sind um die Mittagszeit etwa 50 Prozent der Besucher männlich und zumeist im Anzug unterwegs.

Wir wollen wachsen, aber nicht um jeden Preis

2012 kaufte der brasilianische Kosmetikkonzern Natura Cosmeticos 65 Prozent der Aesop-Anteile. Und Dennis Paphitis zog sich aus der aktiven Geschäftsführung zurück, weil er inzwischen zu viele neue Ideen und Interessen entwickelt hatte, denen er sich fortan widmen wollte – von einer Flüchtlingsinitiative bis zu einem Konzeptstore für Männer. Trotzdem kommt Dennis noch immer fast jeden Tag als Berater ins Büro, um mit der New Yorker Kreativdirektorin Marcha Meredith und ihrem Team am Design neuer Niederlassungen zu arbeiten. «Ich rede den beiden da nicht rein,» grinst Michael O’Keeffe – auch wenn er selbst oft in Galerien zu finden ist. «Es ist mir einfach sehr wichtig, dass Dennis dabei ist – den Gründer kann man nicht ersetzen.»

Um sicher zu gehen, dass sie in einer neuen Nachbarschaft das richtige Geschäft eröffnen, engagiert das Aesop-Team gern lokale Architekten, welche die Mentalität ihrer Stadt genau kennen. Partnerschaften mit einheimischen Künstlern, z.B. in Form von Ladenevents und Kooperationen, sind ihre Form von Werbung.

In Basel haben sie mit der Kunstmesse Art Basel vereinbart, dass Aesop die Goodie-Bags für deren VIPs bestücken kann. Ausserdem haben sie eine Website ins Leben gerufen – Taxonomy of Design – ein Online-Archiv, in dem sie die schönsten Ladenlokale mit allen involvierten Designern und Künstlern vorstellen.

Der Rest ihrer Branche würde das wohl anders machen. Und das ist aus O’Keeffes Sicht auch gut so: «Eine Reihe von Firmen kopieren bereits unsere Flaschen. Aber die Werte, für die wir seit über 30 Jahren stehen, die kann niemand faken.»

  • Übersetzung: Tessa Pfenninger
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