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enSoie: Die kunterbunte Welt der Familie Meier

Marke: enSoie Markenmacher: Anna und Monique Meier

Marke: enSoie

Markenmacher: Anna und Monique Meier

Sich in Kürze merken zu wollen, wo sich alle Meiers dieser Tage aufhalten, kommt dem Versuch gleich, in einen Ameisenhaufen Richtungsanweisungen hineinzurufen und zu hoffen, dass sie befolgt werden. Am ehesten gelingt der Durchblick mit Stift und Papier: Monique und Dieter Meier haben vier Kinder. Ihre jüngste Tochter Anna lebt in Zürich, wo sich hinter den Türen von enSoie, dem Familienlabel, gerade ein Generationenwechsel abspielt.

Bis vor zwei Jahren wohnte Anna Meier selbst noch in diesem knarzenden, altehrwürdigen Haus in der Zürcher Altstadt, wo die 26-Jährige inzwischen nur noch zum Arbeiten hinkommt.

Im Untergeschoss und im Parterre des Gebäudes befindet sich der Concept Store: Hier dreht sich alles um den Imprimé, das mit einem immer wieder anderen Muster bedruckte Seidengewebe. Es ist das Kernstück von enSoie. Manche Stoffe werden in Glarus bedruckt, manche Zeichnungen für die Imprimés gehen direkt nach Indien und werden als Couture-Stickereien umgesetzt. «Wir wählen Produktionsstätten nach der Machbarkeit der Produkte aus. Wir arbeiten da, wo wir die Kompetenzen und das beste Handwerk sehen», erklärt Anna. 

Ein Haus voller Kreativität

Angeboten werden aber auch Keramikprodukte, Schmuck und allerlei Accessoires.

Auf den anderen Stockwerken befinden sich fast unübersichtlich viele Zimmer, in denen sich mal ein Hund in einem T-Shirt einen Schluck Wasser genehmigt (aus einer hauseigenen, karierten Keramikschale), während in anderen getippt, bemalt oder sonst wie gearbeitet wird. Während des Treppensteigens in die oberen Stockwerke deutet Anna auf einen Raum, in dem ein kleiner Brennofen steht. «Das ist aktuell unser Keramik-Projektzimmer. Wir machen eine kleine Lokalproduktion im Haus», erzählt sie.

Wir wählen Produktionsstätten nach der Machbarkeit der Produkte aus. Wir arbeiten da, wo wir die Kompetenzen und das beste Handwerk sehen.

Oben angekommen meint sie lachend: «Ich merke inzwischen: Ein bisschen Distanz ist vielleicht gar nicht so verkehrt«. Draußen fällt ein schwerer Sommerregen auf das Kopfsteinpflaster und der Duft von nassem Stein erfrischt den Raum. Annas Schwestern Eleonore, die Älteste, und Sophie, die Mittlere, mit der Anna bis vor kurzem zusammenwohnte, leben beide in Los Angeles, wobei Erstere schon länger und fix – mit Mann und Kind und aktuell wieder schwanger –, Zweitere zunächst als Nachbarin der Ersten, jetzt aber weg von Silverlake in Montesito Heights und doch immer wieder für ausgedehnte Besuche in Zürich ist. «Sophie gehört irgendwie an beide Orte», erklärt Anna: «Sie hilft Eleonore im zweiten Store in Silverlake und ist auch ein wichtiger Bestandteil des Ladens hier in Zürich. Wenn ich im Atelier bin, ist sie oft vorn und plaudert mit den Kunden.». Ihr Bruder Francis, das jüngste Kind der Meiers, lebt eigentlich noch daheim, «nur jetzt grad nicht», wie Anna erklärt: «Er ist gerade in Südamerika.»

Ich maße mir nicht an zu sagen, etwas ist gut oder schlecht, modisch oder nicht. Es gibt einfach den richtigen oder den falschen Kontext für alles.

Die elterliche Prägung

Sie nimmt einen Schluck schwarzen Kaffee und blickt kurz aus dem Fenster, als müsste sie im Kopf durchgehen, ob jetzt alles so stimmt, wie sie es sagte. Sie hat das ebenmäßige Gesicht eines Models, trägt ein schlichtes weißes Hemd, Jeans und steckt barfuß in einem Paar flacher Schuhe. Ein Gespür für Mode und Design hatte sie schon immer: «Schon als Kind sagte ich meiner Mutter, was sie anziehen soll, und zog mich pro Tag mehrmals um. Ich maße mir aber nicht an zu sagen, etwas ist gut oder schlecht, modisch oder nicht.

Es gibt einfach den richtigen oder den falschen Kontext für alles. Orange ist zum Beispiel überhaupt nicht mein Ding. Sobald ich aber in Indien bin, finde ich es eine der schönsten Farben.»

Da sind viele Türen, die unsere Eltern schon einen Spalt für uns geöffnet haben, so dass wir uns gewisse Dinge eher zutrauen. Aber es ist auch ihr Gedankengut, das uns prägte.

Mit ihrer kleinen Tochter und ihrem Mann, der wie ihr eigener Vater Musiker und Grafiker ist, lebt Anna aktuell im Kreis 3. Eine Nanny schaut zur Tochter, wenn sie arbeitet. «Wie meine Mutter das früher auch machte», sagt sie. «Wir wurden alle sehr selbständig erzogen. Wer reden konnte, bestellte im Restaurant selbst. Wer gehen konnte, konnte auch reisen. Das gibt viel Selbstsicherheit. Und klar: Da sind viele Türen, die unsere Eltern schon einen Spalt für uns geöffnet haben, so dass wir uns gewisse Dinge eher zutrauen. Aber es ist auch ihr Gedankengut, das uns prägte. Ich hoffe, dass ich das genauso weitergeben kann.»

Vater und Künstler Dieter Meier sei mal hier, mal dort, fährt sie fort: «Das war schon so, seit ich denken kann. Früher hatte er ein Haus in Amerika, war aber genauso oft in Indien. Auch heute ist er viel unterwegs, aber mit dem Unterschied, dass er am Abend am liebsten wieder nach Hause kommt.» Ins Tagesgeschäft ist Dieter Meier nicht involviert. «Er steuert aber als Künstler seinen Teil bei – mal ist es die Musik für unsere Show, ein Entwurf oder einfach guter Input und interessante Tipps.»

Mutter Monique ist gemäß Anna am meisten mit der Limmatstadt verwurzelt. Sie ist es auch, die das Label enSoie zum Leben erweckte.

Das war alles viel mehr der Traum einer Lebensform als ein Traumberuf – die Sehnsucht nach einem Ort, wo man sich gegenseitig animieren kann, zusammen etwas zu schaffen, das am Ende für alle stimmt.

Der Traum einer Lebensform

Zusammen mit dem gut angezogenen Hund betritt Monique Meier das Zimmer. 1974 war es, als sie das Seidengeschäft Abraham & Brauchbar übernahm, wo sie schon ihre Lehre absolviert hatte. Es war die Zeit der Textilkrise. Um bestehen zu können, musste sie etwas Neues wagen und innovativ sein. Mit der Idee, aus Restposten neue Produkte zu kreieren, gelang ihr dies. «Das war alles nur möglich in Verbindung mit meinem Traum», erzählt sie. «Ich wollte den Laden, in dem ich selbst gelernt hatte, besser machen, als ich ihn kannte. Ich dachte: Man könnte schönere Dessins und weitere Produkte machen. Und man könnte besser mit den Leuten umgehen. Ich versuchte es einfach!» Sie lacht und gibt zu: «Es war auch Selbstüberschätzung. Aber ich kämpfte für meine Idee. Das gab mir Kraft. Das war alles viel mehr der Traum einer Lebensform als ein Traumberuf – die Sehnsucht nach einem Ort, wo man sich gegenseitig animieren kann, zusammen etwas zu schaffen, das am Ende für alle stimmt.» Der Hund legt ihr den Kopf in den Schoß und auf Moniques fragenden Blick hin erklärt Anna, dass er am Morgen beim Hundefriseur gewesen, wo er aus Versehen verletzt worden sei. «Sonst trägt er natürlich kein Shirt!», lacht sie.

Es ist nicht nur wichtig, dass ein Produkt schön ist, sondern auch, dass man es richtig ausstellt, vermarktet und zum Kunden bringt. Sonst rechnet sich das alles nicht.

Gegen die Anonymisierung

Und wie vollzieht sich nun so ein Generationenwechsel? Anna meint: «Ich durfte schon sehr früh im Laden arbeiten und erlebte den Geschäftssinn meiner Mutter und ihr kreatives Denken. Das weckte mein Interesse am Business. Mein Vater ist ein sehr mutiger Unternehmer und pokert gern hoch. Das hilft auch, erfolgreich zu sein. Meine Mutter hat mir aber vor allem gezeigt: Es ist nicht nur wichtig, dass ein Produkt schön ist, sondern auch, dass man es richtig ausstellt, vermarktet und zum Kunden bringt. Sonst rechnet sich das alles nicht.» Monique Meier meint: «Man sollte außerdem viel Freude an diesem Business haben, sonst ist die Verantwortung eine zu große Last.» Ihre Tochter pflichtet ihr bei: «Die Industrialisierung bringt eine gefährliche Anonymisierung mit sich, die der Wirtschaft insofern schadet, als das Verantwortungsbewusstsein füreinander schwindet.» In Indien leben ganze Klans von den Aufträgen von enSoie. «Darum sind direkte Beziehungen wichtig. Wer sich persönlich kennt, kennt auch die Sorgen anderer Leute und überlegt sich zweimal, ob man jemanden wirklich entlassen muss.»

Dass enSoie eines Tages ohne Monique Meier weiterleben kann, war auch immer ein Traum von ihr: «Ich müsste sonst entweder alles aufgeben oder weitermachen, bis ich umkippe. Aber die Dinge veralten irgendwann und dann ist es gut, wenn jemand frischen Wind reinbringt. Und natürlich ist es noch schöner, wenn das jemand aus der Familie ist.»

  • Übersetzung: Tessa Pfenninger
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