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Juniper Ridge – der Ruf der Wildnis

Marke: Juniper Ridge Markenmacher: Hall Newbegin

Marke: Juniper Ridge

Markenmacher: Hall Newbegin

1998 gründete Hall Newbegin die Wildpflanzendestillerie Juniper Ridge und füllt die Düfte von grossartigen Landschaften wie Big Sur oder der Mojave Wüste in Fläschchen ab.

In der Werk-und Lagerhalle des schwedenroten Industriegebäudes im nordkalifornischen Oakland, dem Headquarter von Juniper Ridge, steht zwischen frisch geernteten Pflanzen, Kräutern, Blättern, Moosbüscheln und Hölzern ein weisser Van. Eine elaborierte viktorianische Schrift bezeichnet ihn als «Field Lab» – was so viel heisst wie Freilandlabor. Für die Fans von Juniper Ridge ist dieses legendär. Doch dazu später. Es riecht nach wildem Salbei, nach Douglasien-Tannennadeln, Eichenharz. Hall Newbegin öffnet die Flügeltüren hinten am Van und zeigt auf eine in die Jahre gekommene Destillationsanlage: «Die diente einmal dazu, Whisky zu brennen!» Heute entlockt sie den bei von Hand gesammelten Wildpflanzen ihre Aromen. Sie ist Herzstück der Operation «Wilderness Perfumes», die Lumbersexuals auf der ganzen Welt zum Hyperventilieren bringen. Seit des Aufkommens des «Maker Movements», welches das artisanale Unternehmertum hervorbrache – zum Beispiel Mast Brothers Chocolate oder Blue Bottle Coffee – ist Hall Newbegin nicht mehr irgend ein Heim-und-Hobby-Parfumhersteller, sondern ein Unternehmer auf dem Erfolgspfad. Concept und Lifestyle Stores von Amerika über Europa bis nach Asien stellen Juniper Ridge-Produkte wie die flüssige Trail Soap, den Cabin Spray oder das Backpacker Cologne als Trophäen ins Regal.

Wir wandern, trinken Bier und wühlen uns herum wie Eichhörnchen, riechen die Pflanzen, den Dreck, Baumrinden und das Moos.

«Hier», sagt Hall Newbegin, und giesst ein bisschen von der Ölmischung Topanga Canyon in seine Handflächen, reibt sie zusammen bevor er sie wie Blätter öffnet und den Besuchern unter die Nase hält. Ein intensiver Duft von Eichenknospen, wildem Flieder, sonnenerwärmtem Harz und blutjungem Salbei strömt aus Halls Händen, erdig, wuchtig, betörend. Schliesst man die Augen, fühlt man sich tatsächlich wie bei einer Wanderung durch die Bergschlucht in der Nähe von Los Angeles. Spürt das südkalifornische Sonnenlicht, den Flügelschlag eines Kolibri. Hall lächelt zufrieden. «Das ist sehr viel mehr als ein schöner Duft», stellt er klar und doziert über den Geruchsinn als ursprünglichsten aller Sinne, der direkt in die primitivsten Teile unseres Gehirns gehe, vorbei an unserem Verstand, direkt in unser Emotionen. «Echte Naturdüfte berühren uns ganz tief an einem Ort, den wir rational nicht ganz verstehen.»

Wenn wir das Parfum der Wildnis einatmen, dann berühren wir damit etwas sehr Schönes und Ursprüngliches in uns.

Die Rolle des Parfum-Rebellen, der lieber in der Erde herumwühlt, an Baumrinden kratzt und Aromen erschnüffelt als im keimfreien Labor synthetische Düfte zu manierlichen Parfums zu komponieren, gefällt ihm: «Mir passt das Konzept, die Natur nachzuahmen nicht. Ich suche das Echte, Authentische.» Mit seinen «Wilderness Perfumes» erstellt der unkonventionelle Gründer von Juniper Ridge Duftprofile grossartiger, eindrücklicher Landschaften. Parfums der grossen, internationalen Marken sind für ihn nichts anderes als Junk Food. Seine eigenen zwei Beine und Hände reichen schon lange nicht mehr zur Herstellung der Produkte von Juniper Ridge. Dafür schnallt sich nun ein ganzes Team Wanderschuhe und einen Rucksack an. Begeisterte Hiker und Outdoor-Freaks, die Harz von den Bäumen kratzen, unter Büsche kriechen, in der Erde wühlen, im Freien campieren. Die gesammelten Pflanzen-Rohstoffe destillieren sie dann ganz frisch geerntet und als Ganzes – Stängel, Blätter, Blüten, Wurzeln – im «Field Lab» zu ätherischen Ölen. So frisch, dass sie «absolut nichts!» an ihren Aromen verlieren und ein olfaktorischer Eins-zu-eins-Abruck der Wildnis sind. «Abends versammeln wir uns dann rund um ein Lagerfeuer, trinken Bourbon und spielen Ukulele», schwärmt Newbegin. Eine Unternehmensgeschichte wie sie schöner nicht erzählt werden kann.

Unsere Kunden wollen, dass wir mit Dreck an unsern Stiefeln in der Natur unterwegs sind. Das «Field Lab» ist die Glaubwürdigkeit von Juniper Ridge.

Als Hall Newbegin 1998 Juniper Ridge gründete, interessierte sich niemand für handgemachte Produkte. Er verkaufte seine in seiner Küche hergestellten Seifen und Duftsäckchen in guter nordkalifornischer Hippie-Tradition am Farmers Market an seinem Wohnort Oakland bei San Francisco. Davon konnte er gerade mal so leben. «Meine Eltern hielten mich nicht gerade für einen Vorzeigesohn», lacht der ehemalige Philosophie-Student, der ein paar hundert Meilen weiter nördlich in Portland, Oregon aufwuchs. Abhalten liess er sich von seiner Karriere als «Wilderness Perfumer» nicht. Die Düfte der Natur waren zu einer Obsession geworden: Nichts riecht für ihn so gut die salbei-bedeckten Berge von Big Sur, die Erde des Redwood-Nationalparks nach einen Regenguss oder die Wildblumenwiesen entlang der Waldgrenze von Mount Hood im Sonoma Valley. Er las Bücher über die alten Methoden der Parfumherstellung, lernte alles über Mazeration, Enfleurage, Infusion und Dampfdestillation: «Die bis zu 2000 Jahre alten Techniken sind bis heute die Grundlage unserer Produktion.»

Mein ganzes Leben habe ich rund um Pflanzen verbracht. Ich brauchte Jahre, bis ich mich in der Wildnis auskannte und wusste, wo ich die Pflanzen finde, mit denen ich arbeiten wollte.

Auch die Werkhalle evoziert mit angejahrten, von Gebrauchspuren gezeichneten Werktischen, Werkzeugen der Urgrossvater-Generation, Fläschchen- und Röhrchen im Vintage-Look die Idee eines längst vergangenes Zeitalters. «Eigentlich ist es total verrückt, was wir machen», reibt sich Hall Newbegin den Stoppelbart. «Der Aufwand der Produkteherstellung ist enorm, die Kosten eigentlich viel zu hoch.» Er zeigt auf einen Stapel Holzdeckel für die Verpackung der flüssigen «Trail Soaps». Alle aus Ästen einzeln von Hand ausgefräst. «Doch genau das macht uns einzigartig.» Oder anders gesagt: stillt die Sehnsucht digitalisierter Grossstädter nach der Unverfälschlichkeit, die traditionelle Handwerkskunst und unberührte Natur verspricht. Reine Nostalgie ist es aber nicht: «Wir lassen uns von den alten Traditionen inspirieren, weil wir diese toll finden. Gleichzeitig machen wir etwas Neues daraus und befolgen unsere eigenen Regeln.»

Wir erzählen nicht einfach eine schöne Geschichte über uns und unsere Produkte. Wir leben sie. Wir müssen kein Storytelling erfinden.

«Wir», das sind mittlerweile 15 Angestellte. Dazu gehört Obi Kaufmann, der im normalen Leben so etwas wie der Marketingleiter wäre. Ausser, dass er ein genauso passionierter Naturbursche ist wie Hall Newbegin. Zudem im «Field Lab» aktiv und Motive für die Etiketten malt. Bei Juniper Ridge hat er den Titel des «Chief Storyteller». Eine Position, die nun auch Grossfirmen wie Microsoft eingeführt haben – mit dem grossen Nachteil, dass sie in ihrem Alltag nicht rund um ein Lagerfeuer sitzen. Während Hall eher den unrasierten Outdoor-Nerd mit Drahtbrille und leicht zerknittertem Flanell-Karohemd darstellt, ist Obi Kaufmann das perfekte Bild eines «Lumbersexual»: Haupthaar und Bart üppig, jedoch millimetergenau geschnitten, das Karohemd tadellos gebügelt. «Wir wachsen seit drei Jahren in zweistelligen Prozentbereich», erklärt der Chief Storyteller. «Und das Wachstum müssen wir ohne Outsourcing schaffen. Denn alles was wir produzieren, muss hundertprozentig von uns kommen und zu unserer Geschichte gehören.» Um das rasante Wachstum zu bewältigen, ohne die Seele des Unternehmens zu verlieren, hat Juniper Ridge die «Harvest Line» lanciert. Sie wird aus Grünabfällen der Wald- und Parkpflege der verschiedenen State und National Parks hergestellt, die zur Verarbeitung direkt nach Oakland geliefert werden – genau die, die in der Lagerhalle duften. Damit kann Juniper Ridge nachhaltig grössere Mengen herstellen. Gleichzeitig sind die Produkte aus dem «Field Lab» zur begehrten «Limited Edition» aufgerückt.

Was wir machen ist der neue Luxus.

Mit dem ganzen Wachstum hat Hall Newbegin eine verborgene Seite an sich entdeckt: «Ich mag Business», strahlt er. «Ich mag das ganze Spiel, das Risiko dabei.» Und ja, wachsen könne Juniper Ridge noch viel mehr. Newbegins Vorbild dafür ist sein «Maker Movement»-Weggefährte James Freeman, der Gründer von «Blue Bottle Coffee». Dieser betreibt heute über zwanzig Cafés mit mehreren hundert Angestellten. «Dabei schafft er es, dass jeder einzelne Tasse perfekt zubereitet ist, weil er immer den Finger drauf hat», ist Newbegin beeindruckt. «Genau so werde ich es bei Juniper Rigde auch machen. Und mit meinem Kontrollwahn allen furchtbar auf die Nerven gehen», freut er sich. «Hier kann keiner minderwertige Produkte herstellen. Meine Nase täuscht man nicht. Niemand weiss so gut wie ich, wie Big Sur und die Sierra Granite riechen. Schliesslich war ich lange genug in dieser Natur unterwegs.» Und wenn nun jemand sein Erfolgskonzept nachahmen will? «So schnell kann man uns nicht kopieren. Dafür bräuchte es schon so einen Freak wie mich.» Und dabei grinst dabei schon ein kleines bisschen unverschämt.

  • Bilder: Reto Caduff
  • Text: Simone Ott
  • Übersetzung: Tessa Pfenninger
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