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Reklus-Cars: Vom Jugendtraum zur exklusiven Marke

Marke: Reklus Markenmacher: Familie Mancardo

Marke: Reklus

Markenmacher: Familie Mancardo

Wer die Traumwelt des Gustavo Mancardo besuchen möchte, muss zuerst an Tyson vorbei. Der launische Wachhund sitzt vor einem mächtigen Eingangsportal aus braun lackiertem Metall. Dahinter verborgen: ein Paradies für Nostalgiker, in einer Fabrikhalle so groß wie ein Fußballfeld.

In der Mitte der Halle sitzt ein Mann auf einem Baumstamm und hämmert geduldig auf einem Aluminiumteil herum.

Vorne rechts stehen Wagen, die aussehen, als stammten sie aus den 1920er und 30er Jahren. Hinten in der Halle dann die Lackierwerkstatt und mehrere Autoskelette - Rahmen für neue Wagen, in Handarbeit gelötet. Und vorne links warten die noch unlackierten Körper von Luxussportwagen mit den geschwungenen Formen der 1940er und 50er Jahre darauf, mit der für sie bestimmten Farbe bedacht zu werden. Darunter ein fast fertiges Exemplar, dem Talbot Lago T26 (1947) nachempfunden. «Unsere Autos sind Rekreationen von Fahrzeugen, die es nicht mehr gibt.

Wir stellen alles selbst her, von der Karosserie bis hin zu den Reifen», sagt Gustavo Mancardo, 45. Alle Autos in der Halle tragen den Namen der von ihm kreierten Marke «Reklus».

Reclus, das klang gut – aber mit «K» sah das Wort schöner aus

Es ist ein Traum, der vor dreißig Jahren begann. Gustavos Vater hatte die Autoteile-Fabrik der Familie stillgelegt, das Auf und Ab in der argentinischen Wirtschaft war auf die Dauer zu umständlich geworden. Gustavo, damals 15, begann, an alten Autos herum zu schrauben, wie es viele Jugendliche in seinem Alter tun. Doch das Ergebnis war nicht irgendeine getunte Kiste, mit der man Mädchen beeindrucken konnte: Gustavo hatte den Originalmotor eines Marmon «Wasp» ergattert – und baute den alten Rennwagen nach, der einst im Jahre 1929 in den USA vorgestellt worden war. Die feingliederigen Felgen, das Interieur, alles stimmte. Der Vater erkannte das Talent des Jungen und schenkte ihm einen Schuppen, in dem er seine selbst gebauten Wagen aufbewahren konnte. Bald waren es fünf, dann zehn. Und als jemand fragte, wie seine Automarke heiße, erinnerte sich Gustavo an das Straßenschild an der Ecke: «Calle Reclus», Reclus-Straße, stand darauf. Das klang gut, fand er, aber mit «K» sähe das Wort schöner aus. «Später erst erfuhr ich, dass Reclus ein französischer Chirurg war.»

Das Konzept von Reklus: Originalmotor, neue Hülle

Gustavo, seine Freunde nennen ihn Pini, studierte Management, leitete Reifengeschäfte in Feuerland. Erst mit Mitte 30 fand er zurück zu seiner Passion: Oldtimer und Sportwagen aus den 40er und 50er Jahren. Mit der Detailverliebtheit eines Auto-Fans machte er sich an die Produktion. Heute beschäftigt er mehr als ein Dutzend Mitarbeiter. «Die meisten Wagen verkaufen wir in die USA und nach Europa, dort legen die Kunden Wert auf Qualität», sagt der Autobauer. Er wählt alle Modelle selbst aus, sucht historische Fotos, zeichnet die Pläne, kauft gebrauchte, alte Motoren auf. Das ist das Konzept von «Reklus»: Original-Motor, neue Hülle. Bis zu zehn Monate dauert die Fabrikation eines neuen «alten» Wagens. Mit Journalisten spricht Gustavo nur ungern. Am liebsten überlässt er diesen Part oder auch Präsentationen auf Messen seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Walter.

Die Kunden müssen wissen, dass sie uns vertrauen können.

«Wir Mancardos tragen die Begeisterung für Kraftfahrzeuge in unserer DNA», sagt Walter. «Gustavos Sohn macht alles nach, er ist gerade mal vier. Wir geben ihm Aluminiumteile und einen Spielzeughammer aus Plastik, und er klopft stundenlang auf den Teilen herum.» Schon Großvater Mancardo fuhr Anfang des letzten Jahrhunderts Traktor-Rennen mit einem monströs großen, dampfbetriebenen Vehikel. Und Gustavos Vater lernte bei einem Schulfest Juan Manuel Fangio kennen, den fünffachen Formel 1-Weltmeister. Später freundete er sich mit Froilán González an, Vize-Weltmeister der Formel 1 im Jahre 1954. Bis heute kommt der ehemalige Rennfahrer ab und zu in die Fabrik, um die Reklus-Kreationen zu begutachten. «Man muss schon wirklich autoverrückt sein, um so etwas aufzuziehen», sagt Gustavo. «Niemand arbeitet hier in der Fabrik nur wegen des Geldes. Du könntest den Leuten einen Job in einer Kühlschrank-Fabrik und 50 Prozent mehr Lohn anbieten, sie würden trotzdem hier bleiben.» Die einzige Chance, auf dem Weltmarkt zu bestehen, sei eine gleichbleibende, hohe Qualität, sagt Gustavo. Qualität, das heißt für ihn: Das richtige Material. Präzision. Die richtige Farbe. Handarbeit. Originalmotoren. Und die richtige Ausstrahlung – das neu gebaute Auto soll nicht neu aussehen.

Der Traum geht weiter

Die Reklus-Kollektion ändere sich mit dem Kundengeschmack, sagt Bruder Walter: „Die vorige Generation wünschte sich Autos im Vorkriegs-Stil, weil sie diese als Kinder bewundern konnte. Unsere Käufer heute haben als Kinder spätere Modelle gesehen, die der 50er und 60er Jahre.“ Deshalb orientiere sich Reklus nun vorwiegend an den geschwungenen Formen der Autos aus dieser Zeit. Werbung macht das Unternehmen keine. „Wir kümmern uns in erster Linie um die Autos und wenig ums Verkaufen. Vielleicht müssten wir öfter auf Messen gehen, dort treffen wir unsere Kunden“, sagt Gustavo, der nun doch auftaut.

In seiner Freizeit fährt er Mountain Bike, im Stadtverkehr Honda.

Eine Marke, die mir gefällt und es soll kein Auto sein?

Gustavo überlegt nur kurz: «Chopard-Uhren, da stimmt alles.» Sein Traum ist noch längst nicht ausgeträumt. Der Autobauer wünscht sich ein historisches Landgut, ausserhalb von Buenos Aires. Einen Ort, an dem Käufer ihn besuchen, übernachten, die Wagen vor Ort testen - und abends ein saftiges argentinisches Rindersteak verzehren können. «Das wäre der optimale Rahmen. Nach einer ausgiebigen Testfahrt fällt die Entscheidung für ein Modell leichter», sagt Gustavo. Wachhund Tyson hat sich längst entschieden. Er hat den roten Marmon ausgewählt und hält ein Nickerchen unter dem historisch anmutenden, filmreifen Gefährt.

  • Bilder: Marco Vernaschi
  • Text: Karen Naundorf
  • Übersetzung: Tessa Pfenninger
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