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Das zweischneidige Schwert der Schönheit

Marke: Xenia Tchoumitcheva Markenmacher: Xenia Tchoumitcheva

Marke: Xenia Tchoumitcheva

Markenmacher: Xenia Tchoumitcheva

Sie sind gemacht für die anderen, die stupiden Castingshows. Und trotzdem dürfte folgende Situation keinem unbekannt sein: Die Jury versetzt dem vor laufender Kamera in sich zusammensackenden Kandidaten den Todesstoss: «Für dich ist es hier zu Ende.» Der Böse schaut finster, die Schöne fühlt mit und der Freak weint affektierte Tränen. So stereotyp die Rollenverteilung in der Jury, so einhellig ihr Urteil: «Du bringst das Gesamtpaket nicht mit.» Die Tänzer singen schief, die Stimmwunder sind nicht kameratauglich und den Schönen fehlt die Substanz. Der Nächste, bitte.

Xenia Tchoumitcheva scheint den so oft geäusserten Jurorenwunsch nach dem Gesamtpaket verinnerlicht zu haben: Sie ist Model, DJane, Moderatorin, Schauspielerin – und seit kurzem selbst ernannte Unternehmerin. Letzteres vermutete man bei ihrem Anblick nicht als erstes. Denn böte man ihre äusserlichen Vorzüge in einem Schönheitschirurgenkatalog zur Vorlage an, wären diese vollen Lippen und der problemzonenfreie Körper innert Kürze die Bestseller schlechthin. Sie selbst hatte Glück – und kam als Tochter russischer Eltern naturgegeben derart ansehnlich zur Welt. Doch wenn sie dann ihre Vorbilder nennt, Leute, die sie inspirieren, kommen nicht Namen wie Kate Moss oder Heidi Klum aus ihrem ach so schönen Mund, sondern Richard Branson, Winston Churchill oder Warren Buffet. Also Augen zu und zuhören.

Schönheit ist zeitlos. Menschen werden immer nach ihr suchen.

Xenia ist keins der Mädchen, die mit vorgetäuschtem Unwissen über ihre Schönheit kokettieren. Sie ist sich ihrer sicher und nutzt sie entsprechend - als Türöffner und Einkommensquelle. Als sie 12 Jahre alt war, besuchte sie zum ersten Mal eine Fashion-Show und der Kinderberufswunsch der Detektivin musste innert Sekunden dem des Models weichen. Kurze Zeit später und dank der bedingungslosen Unterstützung ihrer Mutter hatte sie ihren ersten Vertrag in der Tasche und modelte immer dann, wenn ihre Klassenkameraden ihren anderen Hobbys nachgingen. Und vier Jahre später folgte die erste tiefe Sinneskrise. War es richtig, dafür Geld zu bekommen, wie man aussieht? Musste man sich ein stückweit selbst verkaufen? Die Fragen im Kopf wurden immer lauter, derweil die lesen-reiten-schwimmen-Fraktion ihrer Klasse mit ihren eigenen Problemen beschäftigt war. Xenia legte daraufhin eine Pause ein und fing an, sich ihr Geld mit Kellnern zu verdienen und merkte dabei schnell: Der Verdienst war geringer, aber das Schema dasselbe. Je besser man sich verkauft, umso höher das Trinkgeld.

Je besser man sich verkauft, umso grösser die Chancen auf Erfolg.

Nach dieser Einsicht und ganz ihrem business-orientierten Naturell getreu, nahm sie das Modeln wieder auf und liess das Kellnern bleiben. 2006 nahm sie an der Miss Schweiz Wahl Teil und wurde Zweite. Man kann es ihrem Geschäftssinn oder dem Lauf der Dinge zuschreiben, dass sich auch das auszahlte. Ihre Karriere kam ins Rollen: Gut bezahlte Aufträge auf der ganzen Welt, Schauspielschule in New York und eine kleine Rolle beim Film, an der Seite von Eva Longoria. Mit dem verdienten Geld kaufte sie sich kein Haus, sondern finanzierte sich ihr Wirtschafsstudium in Lugano. Durch zwei darauf folgende Praktika bei renommierten Finanzunternehmen gelang es Xenia, ihr Image von der Lolita-Ecke etwas mehr Richtung Seriosität zu manövrieren. Aber bis sich das in den Köpfen der Leute festsetzen will, ist noch eine Menge Arbeit (und weniger Auftritte für Einweihungen von Wasserrutschbahnen und Whirlpools) nötig. Ihr Ehrgeiz will es, dass sie diese alleine auf sich nimmt und deshalb managt sie sich selbst.

Ich kann gut 24 Stunden am Stück arbeiten, solange ich entscheiden kann, wann das ist.

Im Zuge dieses selbstgesteuerten Images will sich Xenia als Marke etablieren und darauf basierend ein Unternehmen aufbauen. Eine Marke ist nach ihrem Verständnis dann eine gute Marke, wenn sie Substanz hat und nicht einfach nur vordergründig gut wirkt.

Und so versucht sie nun, selbiges Prinzip auf sich anzuwenden und arbeitet an den Inhalten eben dieser Substanz. So sehr sie es schätzt, als Model ihr Gesicht oder als Person ihren Namen für ein Produkt herzugeben, bringt jede Zusammenarbeit mit einer anderen Marke auch die Problematik mit sich, dass die Kernwerte beider Marken zueinander passen müssen. Wenn nicht, färben sie auf einander ab, und das ist selten eine win/win Situation. Das eigentliche Ziel ist deshalb klar und schwierig zugleich: Das Testimonial für sich selbst – und eigene Produkte - zu werden. Xenia Tchoumitcheva folgt damit dem Trend, dass man als Person der Öffentlichkeit zunehmend nicht mehr nur mit dem Hervorheben einer einzigen Besonderheit überleben kann. Vielmehr gilt: Je mehr Kanäle der unterhaltenden Kunst man belegt, umso höher die Chancen auf die Möglichkeit, als Mensch zur Marke werden zu können. Das ist insofern erstrebenswert, als dass es die Möglichkeit bietet, nach der einen grossen Karriere weiterhin als Persönlichkeit im Rampenlicht zu bleiben, selbst wenn die ursprüngliche Karriere vorbei ist. Nicht umsonst vermarkten diverse Stars wie Christina Aguilera und Britney Spears neben Chartserfolgen und Skandalehen auch fleissig eigene Düfte und Modekollektionen. Die momentan beflissenste Selbstvermarkterin Stefani Germanotta entwickelte kürzlich als Creative Director von Polaroid Sonnenbrillen, mit denen man Fotos schiessen kann und sorgt nebenher als Lady Gaga für Furore in den Charts. Paris Hilton, Inbegriff dieser mehrgleisigen Strategie, ist inzwischen schon fast mehr Marke als Mensch. Es verbinden unter dem Strich diese Persönlichkeiten ihre Kernwerte, denen sie treu bleiben, und der dadurch generierte Wiedererkennungswert. Und nicht zuletzt schaffen sie mit ihrem Auftreten und ihrer Arbeit Erlebniswelten, in die sie ihre Fans und stillen Bewunderer entführen.

Bei all dem Bestreben, in allen Kategorien einen Fuss in der Tür zu haben, wird es nur schwierig, die eigenen Kernwerte nicht zu verlieren. Das ist dann nochmals eine Kunst ganz für sich.

  • Bilder: Gian Marco Castelberg
  • Text: Olivia El Sayed
  • Übersetzung: Tessa Pfenninger
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