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Stoned Cherrie – mit einer afro-urbanen Marke die Lücke schliessen

Marke: Stoned Cherrie Markenmacher: Nkhensani Nkosi

Marke: Stoned Cherrie

Markenmacher: Nkhensani Nkosi

In Südafrika ist »Stoned Cherrie« das wohl bekannteste Modelabel. Wenn die südafrikanische Tourismusbehörde seit Kurzem weltweit neben der wunderbaren Landschaft auch die Coolness der Städte anpreist, werden Models in Stoned Cherrie gezeigt.

Heute existiert eine ganze Reihe von Modemarken im Land, doch im Jahr 2000, als Stoned Cherrie gegründet wurde, sah das noch ganz anders aus.

Damals, sechs Jahre nach dem offiziellen Ende des rassistischen Apartheidregimes, machten die wenigen Designer noch immer Couture für die kleine weiße Minderheit. «Es gab keine afro-urbanen Marken», sagt Nkosi, «keine lokale Ästhetik.» Sie sah diese Lücke und füllte sie. Heute steht Stoned Cherrie für Damenmode, die weibliche Formen betont, lokale Stoffe verwendet und mit universellen, zeitlosen, geometrischen Formen arbeitet. Der neue Showroom von Stoned Cherrie liegt in einem der teuren Vororte von Johannesburg, Südafrikas Wirtschaftsmetropole. Die Einrichtung ist funky und gleichzeitig gemütlich, mit Stoffen und Kissen von Stoned Cherrie sowie drei Kleiderpuppen, die unaufdringlich am Eingang zum Atelier der Näherinnen stehen und Abendkleider aus Seidenchiffon und Shweshwe-Stoffen tragen. Als Nkhensani Nkosi von draußen in ihren Showroom herein geschneit kommt, fünf Minuten vor dem vereinbarten Treffen, da weiß man es gleich: Die Gründerin von Stoned Cherrie ist zwar selbst mit hohen Keilabsätzen noch eine kleine Person, aber ihre Präsenz füllt das riesige Atelier mit den sieben Meter hohen Decken problemlos. Das Haar trägt sie an diesem Tag zu zwei dicken Zöpfen geflochten und die Nägel sonnengelb lackiert. Sie ist ungeschminkt und sieht kein bisschen aus wie 39.

Es überrascht im ersten Moment, dass Nkhensani den dänischen Industriedesigner Marcus Vagnby als eine ihrer Lieblingsmarken nennt. Doch hat das auch damit zu tun, dass Stoned Cherrie gerade im Übergang von einem reinen Modelabel zu einer breiter aufgestellten Marke steckt. Nkosi will neben ihren bereits produzierten Stoffen, Tapeten und Kissen nach und nach alles anbieten, was in ein schönes Zuhause passt. An Modedesignern fällt ihr als erstes Manish Arora ein, dessen »farbenfrohe, lebendige, ausdrucksstarke Ästhetitk« Nkosi schätzt. «Er arbeitet mit der indischen Kultur, dem indischen Erbe, aber gibt ihnen eine moderne Wendung, einen revolutionären Blickwinkel», sagt sie. «Genau darum geht es auch bei unserer Marke.»Ihr eigenes historisches und kulturelles Erbe wurde durch das Aufwachsen im Township Soweto unter dem Apartheidregime geprägt. «Ich komme aus einer Generation, die sehr bewusst wahrgenommen hat, was in unserem Land geschah.» Sie beschreibt ihre Angst als Kind vor nächtlichen Besuchen der Polizei, die Massenproteste, die Gewalt. Ihre Eltern, Akademiker, förderten ihr politisches Bewusstsein, eine Achtsamkeit für ihre Gesellschaft. Und sie nährten in ihr den Glauben, dass alles möglich ist. Das Ende der Apartheid und die Aufbruchstimmung mit der Wahl Nelson Mandelas zum Präsidenten festigten diesen Glauben. Mit ihrem Heimatort Soweto südwestlich von Johannesburg verbindet sie geradezu romantische Vorstellungen. Regelmäßig fährt sie am Wochenende mit ihrem Mann und den drei Kindern ins Township, obwohl sie längst in einem der feinen Johannesburger Stadtteile wohnen.

«Mir kommt es immer so vor, als würde die Sonne in Soweto anders scheinen», sagt sie und bricht in Lachen aus. «Wenn ich an Soweto denke, denke ich an Orange und Sepia und kräftige Farben und an Häuser mit türkisfarbenen Dächern.»

Mir kommt es immer so vor, als würde die Sonne in Soweto anders scheinen.

Wenn sie nicht in Johannesburg lebte, dann wäre es Amsterdam.

«Ich finde die Stadt einfach großartig. Mit ihren Kanälen und wie die Leute überall mit dem Fahrrad fahren können, sogar mit Kindern, weil sie wissen, dass es einen gegenseitigen Respekt voreinander gibt.» Ihre Kinder, zwischen fünf und elf, ihre Ehe, die enge Bande zur ganzen erweiterten Familie, betrachtet sie als ihren größten Erfolg. »Familie ist alles«, sagt sie, auch ihre stärkste Antriebskraft. Eine weitere Motivation zieht sie aus Vorbildern wie den Ikonen des südafrikanischen Befreiungskampfes, zum Beispiel dem von der Polizei ermordeten Steve Biko. «Dieser unglaubliche Mut, besonders wenn man Familie und Kinder hat – ich kann mir gar nicht ausmalen, was für schwierige Entscheidungen diese Menschen mit sich selbst ausmachten.» Aber das Leben im Apartheidstaat war nicht nur düster und grau. Es gab auch Orte wie Sophiatown, wo die schwarze Bevölkerung seit den Fünfzigerjahren mit Jazz, Tanz und eleganten Roben das Leben feierte. Es war Nkosis Geniestreich, kurz nach der Gründung von Stoned Cherrie mit einer Kampagne an diese Zeit zu erinnern. Sie erwarb das exklusive Recht, alte Titelfotos einer legendären südafrikanischen Zeitschrift auf ihre T-Shirts zu drucken. DRUM hieß das Magazin und war so etwas wie das Vanity Fair der schwarzen Bevölkerung, eine Mischung aus Glamour und guten Reportagen. Die T-Shirts machten Stoned Cherrie mit einem Schlag über Südafrika hinaus bekannt. Nkhensani Nkosi wird oft eingeladen, um andere mit ihrem Lebensweg zu motivieren. Von Firmen, Organisationen, Fernsehen und Radio. Dann erzählt sie ihren gar nicht so geradlinigen Weg: von ihrer ersten Liebe, der Schauspielerei und wie sie vom Studium der Psychologie ans Theater kam. Vom Theater ging es ins Fernsehen, mit einer eigenen Talkshow. Und seit nun zwölf Jahren: Stoned Cherrie. Vor allem aber spricht sie über die wichtigen Dinge. «Mir geht es um die moralischen Werte, die Dinge, die uns alle als Menschen vereinen.»

Wir legen zu viel Wert auf die Dinge, die uns unterscheiden.

Wenn es Stoned Cherrie nicht gäbe, würde sie nur noch Reden halten, glaubt sie. »Ich liebe es, jungen Leuten Mut zu geben. Denn unser Bildungssystem war so gestaltet, um die Leute in einer Schachtel einzusperren, wie unsere Häuser.« Und noch längst hat die schwarze Bevölkerung keine Chancengleichheit erlangt. »Ich möchte am liebsten die Dächer von all dem runterpusten«, sagt Nkhensani Nkosi versonnen.

  • Bilder: Graeme Williams
  • Text: Judith Reker
  • Übersetzung: Tessa Pfenninger
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