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Brooklyn Brine – der Gurkenmacher

Marke: Brooklyn Brine Markenmacher: Shamus Jones

Marke: Brooklyn Brine

Markenmacher: Shamus Jones

Süßlich scharf penetriert der Geruch von heißem Apfelessig die Nasenhöhlen. Auf zwei langen Aluminiumtischen steht eine Armee dampfender Einmachgläser Spalier. Eifrige, in Operationshandschuhe gehüllte Männer- und Frauenhände füllen das Gläser-Heer routiniert mit Gurkenhälften. Am Ende der gekalkten Backstein-Lagerhalle thronen zwei mannshohe Schnellkochtöpfe aus Edelstahl. Das Herzstück der Manufaktur. In ihrem inneren konserviert Shamus Jones, Gründer von Brooklyn Brine, sein grünes Gold: Essiggurken. Allerdings nicht annährend mit dem Geschmackserlebnis, das jetzt vor unserem geistigen Gaumen abläuft.

Der 32-jährige Gurkenkünstler aus Brooklyn orchestriert bisher nie dagewesene Produkte. «Whisky-Sour Pickles» gehören dabei ebenso zu seiner extravaganten Palette, wie die neuste Erfindung auf Basis eines aromatischen Pale-Ale-Biers mit dem treffenden Namen: «Hop-Pickels».

Mittlerweile ist Brooklyn Brine und sein Gründer Shamus Jones über die Landesgrenzen New Yorks bekannt. Dabei hatte der gelernte Koch nie geplant als professioneller Gurkenmacher in die lokale Geschichte Brooklyns einzugehen. Es ist einfach so passiert.

Ich hab’ meinen Kumpel, einen Restaurantbesitzer, auf dem Gehweg getroffen und gesagt: Hey, mich ham’se gerade rausgeschmissen. Kann ich heute Abend deine Küche in Beschlag nehmen? Ich gründe jetzt 'ne Gurkenfabrik.

Der amerikanische Traum: Vom arbeitslosen Koch zum erfolgreichen Gurkenproduzent

An einem heißen Hochsommertag im Juli 2009 rollt Shamus Jones gedankenversunken auf seinem Skateboard durch Brooklyn. Eine Stunde davor setzte sein bisheriger Arbeitgeber den gelernten Koch vor die Tür: Rezessionsbedingt. Schon öfter hatte Jones in der Vergangenheit über seinen nächsten Karriereschritt nachgedacht. Aber nun brauchte er eine Idee und zwar schnell.

Wenige Minuten später steht selbige vor ihm. Fleischgeworden, in Form eines befreundeten Restaurantbesitzers. «Ich erzählte ihm was passiert war», resümiert Jones heute, «und plötzlich kam mir dieser abstruse Geistesblitz und ich sagte: Kann ich heute Abend deine Küche in Beschlag nehmen? Ich gründe jetzt 'ne Gurkenfabrik.» Rückblickend ist diese Gehwegs-Konversation der offizielle Start von Brooklyn Brine.

Noch in derselben Nacht startet Jones seine Karriere als Gurken-Konservierer. Von nun an übernimmt der arbeitslose Koch jeden Abend das Regiment in der Restaurantküche seines Freundes. Ab 22:00 Uhr, nach dem die Restaurant-Crew den Feierabend eingeläutet hat, kocht Jones bis in die frühen Morgenstunden seine Gurken ein. «Glücklicherweise konnte ich meine ersten Erfahrungen mietfrei sammeln» verrät Jones.

Schon zwei Wochen nach der ersten Produktionsnacht hat er seinen ersten Kunden. Mundpropaganda trägt Jones Idee wie ein Lauffeuer von einem New Yorker Feinkosthändler zum nächsten und nach einem richtungsweisenden Gurken-Festival in Manhattan unterzeichnet Jones einen Vertrag mit der größten Reformhaus-Handelskette in Amerika: Whole Foods.

Das alles passiert innerhalb der ersten drei Monate nach Gründung und gibt dem passionierten Unternehmer die Möglichkeit, seine eigene Produktionsstätte zu eröffnen. Heute ist Brooklyn Brine auf 250 Quadratmetern in Brooklyn «Gowanus» zu Hause. Und weiterhin auf Wachstumskurs.

Ich bin weder Marketingfachmann noch Vertriebs-Guru. Meine Begeisterung liegt im Essen.

An’s Eingemachte: Wie Brooklyn Brine wächst und dennoch seiner Idee treu bleibt

Neben Essiggurken reicht das Portfolio von Brooklyn Brine heute von Mohrrüben über Rote Beete bis hin zu Sauerkraut.

Mit seiner fünfköpfigen Mannschaft produziert Jones mehr als 1.600 Gläser Eingemachtes täglich. Allein für seine Gurkenproduktion verarbeitet Brooklyn Brine über drei Tonnen der grünen Feldfrucht pro Woche. Obwohl sich Jones über das rapide Wachstum seiner noch jungen Unternehmung freut, weiß er auch um die Grenzen des Geschäftsmodells: «Ich bin weder Marketingfachmann noch Vertriebs-Guru. Meine Begeisterung liegt im Essen», bringt der Hobby-Gitarrist mit den bunt tätowierten Armen seine Philosophie auf den Punkt.

In seiner Traumvorstellung möchte Jones mit Brooklyn Brine organisch wachsen, ohne dabei den Charme des lokalen, mittelständischen Produzenten zu verlieren. «Wir wollen das Menschliche bewahren, egal wie. Schließlich folgt unser Produkt einem simplen aber elementaren Erfolgsrezept: Qualität.»

Seine Maxime kann Jones allerdings nur dann verwirklichen, wenn er jedes seiner Produkte händisch produziert. Ein bisweilen höchst aufwändiger und zeitintensiver Prozess, der nicht annähernd im Preisgefüge industriell erzeugter Konkurrenzprodukte steht. Bemerkenswerterweise hat Brooklyn Brine aber keinerlei Absatzprobleme.

Mittlerweile schickt die kleine Manufaktur Produkte in die ganze Welt. Die Exportmärkte reichen von Kanada über Australien bis nach Hong Kong und Japan. Ein organisches Produkt mit höchsten Qualitätsansprüchen ist das Fundament dieses Erfolgs.

Unser elementarer Marktvorteil liegt in der ständigen Entwicklung neuer Rezepte

Saure Gurkenzeit war gestern: Pragmatische Produktentwicklung als Erfolgsrezept

Weitaus wichtiger beurteilt Jones allerdings zwei andere Komponenten seines Erfolgsrezepts: Ideenreichtum und Pragmatismus. «Unser elementarer Wettbewerbsvorteil liegt in der ständigen Entwicklung neuer Rezepte», verrät der Gurkendesigner. Und diese entstehen bei Brooklyn Brine keineswegs im Geschmackslabor.

Der Pragmatiker Jones komponiert seine nächsten Bestseller in der laufenden Produktion. Gerade hat er in Kooperation mit «Dogfish», eine der erfolgreichsten unabhängigen Brauereien Amerikas, ein Produkt auf Basis von Bieraromen entwickelt. Die Idee entstand während dem Abendessen – bei Bier und Gurke versteht sich. «Unsere Produkte entwickeln wir via Trial and Error. Es gibt kein Benutzerhand-buch für diesen Job.» Eine Philosophie, mit der Jones seine Produkte in Windeseile zur Marktreife treibt. Und während sein Wettbewerb noch in den Laborkitteln steckt, verkauft der pfiffige Unternehmer bereits die ersten Gläser seines ausgefallenen Produkts.

Wäre ich nicht Gurkenmacher geworden, würde ich heute vermutlich irgendwo als alkoholkranker Küchenchef arbeiten.

Seine pragmatische Haltung hat der überzeugte Vegetarier bereits mit der Muttermilch aufgesogen. Als einziges Kind einer alleinerziehenden Mutter in New York war bereits in seiner Jugend für vergeistigtes Geplänkel kein Platz. Wer es zu was bringen wollte, musste Voranmachen. Immer auf der Suche nach der nächsten Chance.

Stillstand ist in diesem Umfeld wahrhaftig der Tod. Oder zumindest die Privatinsolvenz. «Wäre ich nicht Gurkenmacher geworden, würde ich heute vermutlich irgendwo als alkoholkranker Küchenchef arbeiten», feixt Jones. Manchmal ist ein befreundeter Restaurant-Besitzer eben das Beste, was einem passieren kann.

  • Bilder: Sari Goodfriend
  • Text: Thomas Escher
  • Übersetzung: Tessa Pfenninger
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