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Chef Studio by Eddy – versteckte Leidenschaft

Marke: Chef Studio by Eddy Markenmacher: Eddy Leung

Marke: Chef Studio by Eddy

Markenmacher: Eddy Leung

In Hongkong sind Private Kitchens eine Leidenschaft der Gourmets. Man findet sie in privaten Wohnzimmern oder auf Hausbooten. Manche haben noch nicht mal eine Alkohollizenz – dann heisst es «bring your own!». Sicher ist: Ein Abend in so einer Undercover-Küche ist unvergesslich.

Sie gehören eigentlich schon seit den Neunzigern zu Hongkongs Food-Szene: die Private Kitchens oder «sue fon tsoi», wie man auf kantonesisch dazu sagt. Oft bekommt man die genauen Adressen erst, wenn man sich telefonisch oder online für ein Essen registriert hat, und ohne eine detaillierte Anfahrtsbeschreibung wären manche Lokale gar nicht zu finden. Trotzdem sind viele der Private Kitchens über die Jahre so beliebt geworden, dass sie inzwischen alles andere als Geheimtipps sind. Das ist aber nicht nur schade, sondern führte dazu, dass sich der Trend der Private Kitchens dahingehend entwickelte, dass man nun in aussergewöhnlichen Umgebungen Essen auf allerhöchstem Niveau geniessen kann. Schon die Anreise zum Lokal kann ein Abenteuer sein: In Hongkong liegen die beliebtesten Private Kitchens nämlich oft ein wenig ab vom Schuss. Auf Hausbooten, in anonymen Wohnblocks oder gar Fabrikgebäuden, deren obere Etagen man nur per Lastenaufzug erreicht. Eddy Leungs «Chef Studio by Eddy» macht da keine Ausnahme: Sie liegt an der vierspurigen Wong Chuk Hang Road mitten im Industrieviertel von Aberdeen. Zum Lift gelangt man durch die Parkgarage. In den oberen Etagen residieren Logistikfirmen, Versandhandel, ein Interior Studio – und inzwischen drei weitere Privatküchen. Doch Eddy Leung (43) war der Erste. Nicht nur in seinem Gebäude – er hat für diese Undercover-Restaurants in ganz Hongkong Pionierarbeit geleistet. Um die Privatsphäre nicht zu stören, besuchen wir ihn am frühen Abend, bevor die Gäste eintreffen. Zu ihm kommen viele aus der Oberschicht. Die mögen keine Paparazzi. In der Mitte werden die Holztische gerade gedeckt. An der Wand hängen chinesische Bilder, Medaillen, Blumen in Vogelkäfigen. Gegenüber liegt die offene Küche, in der Eddys dreiköpfiges Team schon mal vorgearbeitet hat: Der weisse Spargel wurde zweimal geschält. Die Kartoffeln liegen perfekt geschnitten in der Reine. Lachs und Entenbrust warten abgedeckt auf Stahltabletts. Eddy beschallt den Raum noch schnell mit modernen Chansons. Dann zieht er sich die weisse Schürze an, um wenig später sein Lokal mit der Geschwindigkeit und dem Charme eines Fernsehkochs zu bespielen. Sein kulinarisches Programm ist feinste französische Hausmannskost – mit einem winzigen asiatischen Touch.

Eine Private Kitchen soll ein Maximum an Privatsphäre erzeugen, als ob man bei Freunden zuhause essen würde.

Gekocht hat er eigentlich fast immer. Weil seine Eltern beide arbeiteten, musste er sich schon mit sieben selbst den Reiskocher anschalten, in den seine Mutter ein paar Schweinefleischstücke gelegt hatte. Das schmeckte «ok», erinnert er sich. Bald darauf kreierte er seine eigenen Wok-Gerichte. Als er mit 17 die Schule verliess, schickte man ihn zum Praktikum in die Küche des Gaddi’s im vornehmen Peninsula Hotel, damals eines der besten französischen Restaurants in ganz Asien. Volltreffer! Natürlich durfte Eddy anfangs nur Teller waschen und die Rohprodukte aus der Kühlung holen. Doch schon frühmorgens, noch vor seiner Schicht rannte er in die Küche, um die Zubereitung von Eggs Benedict und anderen Frühstücksdelikatessen zu lernen. Ausserdem hatte er in seinem Overall immer einen kleinen Löffel stecken, mit dem er die Saucen des Maître de Cuisine probierte. Oder die verschiedenen Essig-, und Senfsorten auf dem Zutatenwagen. Seine Augen und Ohren waren ständig offen. Peinlich fand er nur, dass er kaum Englisch und Französisch sprach. So besuchte er in den Pausen am Nachmittag noch einen Lehrer, um die Sprachen zu lernen. Bald fiel der begabte Tellerwäscher auf. Er wurde befördert und arbeitete sich hoch, bis er selbst Chef de Cuisine im Harbour Grand Hotel geworden war. Nebenbei repräsentierte er Hongkong bei internationalen Koch-Weltmeisterschaften. Daher die vielen Medaillen an der Wand. Doch immer mehr wuchs auch sein Wunsch, ein eigenes Restaurant aufzumachen. Hongkongs Restaurantszene war damals noch recht überschaubar. Es gab ein paar kantonesische Hinterhofküchen, die man heute auch als Private Kitchens bezeichnen würde. Aber kein privat geführtes Spitzenlokal, in dem der Küchenchef jeden Tag zum Markt ging und ein neues Menü kochte. Genau so etwas schwebte ihm aber vor. Im Jahr 2000 war es soweit: Er eröffnete hoch oben in einem Bürogebäude, sogar mit Dachterrasse. «Poison Ivy» nannte er das Lokal, nach der wunderschönen, aber zerstörerischen Freundin von Batman.

Die Adresse ist mir zu populär geworden. Wirklich «underground» sind wir jetzt nicht mehr.

Die gleiche Dualität erfuhr Chef Eddy leider auch mit dem Lokal: Einerseits wurde er damit in schöner Regelmässigkeit unter die besten französischen Lokale Asiens gewählt – jeden Abend war das Restaurant ausgebucht. «Die Damen liebten es», sagt er stolz. Andererseits verlor er drei Jahre später alles durch den Ausbruch von SARS. Die Hongkonger fürchteten sich vor der schrecklichen Seuche und blieben zuhause. Das Lokal ging ein. Und Eddy, der inzwischen noch drei weitere «normale» Restaurants eröffnet hatte, sass auf einem Berg von Schulden. Er zahlte sie alle zurück, indem er widerstrebend den Posten des Küchenchefs im Ritz Carlton annahm. Doch sobald er konnte, versuchte er es wieder – eben hier draussen in Aberdeen, wo die Mieten billig sind. Als er vor vier Jahren anfing, gab es in der Gegend nur ganz wenige Strassenlokale. Dass sich nun ausgerechnet in seinem Gebäude so viele feine Privatküchen niedergelassen haben, wertet er einerseits als Bestätigung. Andererseits sucht er bereits akut nach einem neuen Spielplatz. Die Adresse ist ihm zu populär geworden: «Richtig underground sind wir jetzt nicht mehr.» Doch die Hongkonger Gourmets sind neugierig. «Nach fünf Jahren sollte man umziehen», meint er. «Spätestens! Und je geheimer die Lage, umso besser.»

  • Übersetzung: Tessa Pfenninger
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