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The Sartorialist – die Stil-Bibel der Strasse

Marke: The Sartorialist Markenmacher: Scott Schuman

Marke: The Sartorialist

Markenmacher: Scott Schuman

Wer Scott Schuman trifft, möchte am Liebsten auch gleich mit dem angenehmen, aufmerksamen Mann zusammenarbeiten.

Sofort spürt man seine Energie. Der muskelbepackte Körper des kleinen Mannes scheint vor Lebenskraft fast zu zerspringen, seine leuchtend blauen Augen ziehen das Gegenüber in Bann. «Ich mag es, mich von schlichten Sachen inspirieren zu lassen – gute, von Hand verarbeitete Schneiderei und Kleider, die nicht ausgefallen und superteuer sind, sondern von jedermann getragen werden können», sagt der Fotograf, der den zur Zeit erfolgreichsten Mode-Fotoblog der Welt führt.

Zu lange, so Scott, habe sich die Modewelt darauf ausgerichtet, die wildesten Ideen zu präsentieren und sich so immer weiter vom Mann und der Frau auf der Strasse distanziert. «Ich möchte mit meinem Blog wieder einen Dialog schaffen zwischen dem Alltag und der Mode», erörtert der blonde Mann, der ganz in Dunkelblau gekleidet ist. Selbst das Mineralwasser, das er im Café Le Pain Quotidien am Broadway in New York, unweit seines Ateliers bestellt, kommt in einer blauen Flasche.

Stil, so Scott, soll keine Frage der Dicke des Portemonnaies sein. «Ob ich nun wie heute die Allerweltsmarke J. Crew trage oder ein Stück des Edeldesigners Attolini, spielt mir keine Rolle, so lange es von vernünftiger Qualität ist», sagt Schuman, der heute zu den gefragtesten Modefotografen der Welt zählt und bei Shows von Tokyo bis Mailand, von Stockholm bis New York, in der begehrten Front Row sitzt.

Ich trage gerne viel Blau. Es macht mein Leben einfacher.

Mode als Chance, sich von anderen abzuheben

Dabei deutete in der Jugend des Burschen aus Indiana – er bezeichnete sie als typische, uninteressante amerikanische Kindheit – nichts darauf hin, dass das Scheinwerferlicht der Modestädte einmal auf ihn gerichtet sein würde.

«Kleider waren dort etwas, das man trug, um nicht nackt zu sein», sagt der Mann mit dem klassisch geschnittenen Gesicht eines Hollywood-Schauspielers, der damals hauptsächlich an Base- oder Football interessiert war. Dann kam die Pubertät und Scott begann, sich für Mädchen zu interessieren. «Damals merkte ich, dass Mode mir die Chance gab, mich von anderen abzuheben. Nicht, dass ich verrückte Sachen getragen hätte, aber ich zog mich nicht an wie alle anderen Jungs an der High School. Und es schien, dass das den Mädchen gefiel – es half mir jedenfalls, das eine oder andere Rendez-Vous zu bekommen!» Er besuchte Schneidereikurse, las anstelle von Sportmagazinen GQ und Vogue und bahnte sich nach der Ausbildung den Weg ins Modegeschäft. 2005 zog er sich daraus zurück, um sich um seine Töchter zu kümmern.

Das Leben als Hausmann war aber nicht das richtige für das Energiebündel, es kam zur Trennung von der Mutter des Kindes, Schuman startete seinen Blog und damit die erfolgreiche Rückkehr ins Business.

Man darf sich glücklich schätzen, wenn man Zeit dafür hat, darüber nachzudenken, was man anziehen möchte. Viele Leute haben diese Möglichkeit nicht.

Von Haus aus Sinn für Stil und Geschmack

Tausende von Fotografen stellen ihre Bilder ins Internet, Millionen von nächtlichen Stunden lang kultivieren Menschen ihre Blogs – das weite Publikum findet selten einer. Warum gerade Scott mit seinen Fotos so genau ins Schwarze trifft, erklärt sich der wache Amerikaner auch mit einem Sinn für Stil und Geschmack, den bereits seine Eltern hatten. Zwar waren diese laut dem 43-jährigen Fotografen «zwei hart arbeitende Mittelklasse-Amerikaner irgendwo im Nirgendwo des Mittleren Westens.» Seine Mutter schaffte es aber, das Haus toll einzurichten, ohne teure Möbelstücke zu kaufen. Sein Vater machte Filme und Texte für Firmen, zu Werbezwecken oder als Betriebsanleitung, nie mit künstlerischem Anspruch. «Einmal kam ein Bestattungsunternehmen zu ihm und beauftragte ihn, eine Broschüre darüber zu machen, wie man einen Sarg kaufen sollte. Er machte dies so gut, dass er dafür den Preis als Verkäufer des Jahres bekam», lacht Schuman. Der Vater sei sehr gut darin gewesen, den Leuten zuzuhören, das Erfahrene zu verarbeiten und auf leicht verständliche, klare Art wiederzugeben.

Das muss auf den Sohn abgefärbt haben: Scotts Fotos sind nie gekünstelt, nie überladen oder aufwändig arrangiert, sie zeigen «real people»: echte Personen, denen jeder auf der Strasse begegnen könnte, die aber immer wenn nicht Stil, so doch ein gewisses Etwas haben, das Schuman in einem Bild einfangen kann. Was es ist, kann der Fotograf selber nicht sagen. «Ich packe die Kamera und schwinge mich aufs Fahrrad, kurve durch die Strassen, auf der Suche nach Personen und Momenten, die mich inspirieren.» An einem guten Tag entstehen so 4 oder 5 Portraits, immer klappt es aber nicht: Auch Scott kommt manchmal nach Hause ohne ein Bild geschossen zu haben, das es Wert wäre, auf seinem Blog veröffentlicht zu werden.

Auf der Suche nach Eleganz

«The Sartorialist» heisst dieser, zu deutsch lässt die Wortkreation verschiedene Deutungen offen: Der Name kann als «Der Eleganz-Sucher» übersetzt werden, aber auch als Liste der «schneidermässig Angezogenen» gesehen werden. Hunderttausende von Besuchern verzeichnet der Blog täglich, die Fotos erreichen oft weit über 100 Kommentare von Lesern. Scott Schuman liefert damit den Beweis, dass Blogs durchaus erfolgreich sein können. Er ist zugleich, so darf man behaupten, der erste Blog-Star: Interviews mit dem Fotografen erscheinen in trendigen Modemagazinen, die grossen Marken verpflichten Schuman für ihre Bildstrecken und mit der Werbung auf seinen Internetseiten könnte er laut amerikanischen Branchenmagazinen dieses Jahr die erste Person werden, die mit einem Blog eine Million Dollar verdient: Anzeigen im grossen Stil schalten auf den Seiten Modemarken wie American Apparel, Tiffany, Doc Martens oder Ferragamo. 

Das Bloggermärchen

Doch damit nicht genug: Seit sich Scott und die französische Bloggerin Garance Doré verliebt haben, hat die Welt das erste Blogger-Celebrity-Pärchen. «Ich bin sehr stolz auf Garance, sie ist eine ausgezeichnete Illustratorin und macht tolle Fotos, ihre wahre Stärke ist aber das Schreiben – ich werde ganz neidisch, wenn ich ihre Beiträge lese und nehme mir vor, vermehrt an meinen schriftstellerischen Fähigkeiten zu arbeiten», sagt Schuman. Doré retourniert das Kompliment: Noch bevor sie Scott kennengelernt habe, erzählt sie dem Magazin “New York”, habe sie sich in seine Fotos verliebt. Und als sich die beiden an der Fashion Week in Paris dann persönlich zum ersten Mal trafen, sah sie ihre Vorurteile über stillose Amerikaner, die am liebsten Starbucks-Kaffee trinken, schnell widerlegt: Scott hatte ebenso viel Charme wie seine Fotos - die einen Kopf grössere Frau, die in einer unwegsamen Gegend von Korsika aufwuchs, verliebte sich in den ungewöhnlichen Mann aus Indiana, der sie mit Geschenken wie einer neuen Kamera umwarb. Bald ergänzten sich die beiden Blogs: Schuman nimmt seine hübsche Französin nun mit an die Modeveranstaltungen der Welt, sie knipst den Laufsteg mit einem untrüglichen Auge für reizvolle Accessoires und erfrischt mit ihrer unprätentiösen Art die Elite, er fotografiert lieber hinter den Kulissen oder sucht sich seine Motive auf den Strassen, die zu den glamourösen Shows führen.

Garance und ich sind nicht sehr snobistisch veranlagt, wenn es um Fashion geht - wenn etwas gut gemacht ist, ist es gut.

Dass die Romanze wirkt wie ein Neuzeit-Märchen und ein Hollywood-Streifen über das bloggende Traumpaar nach Ansicht treuer Leser nur noch eine Frage der Zeit ist, interessiert Scott ebenso wenig wie die bissigen Kommentare, die Neider schnell für Erfolgreiche übrig haben. «Wir lesen kaum, was über uns geschrieben wird und wenn doch, so kommt es uns vor, als würden die Leute über jemand anders berichten – sie wissen nicht, wie wir wirklich sind.» 

  • Bilder: Alicia Hansen
  • Text: Roman Elsener
  • Übersetzung: Tessa Pfenninger
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